Die Entschädigung sür rechtmäßige Eingriffe der Staatshoheit. 455
§14 Abs. I des Gesetzes für nicht anwendbar erklärt und daher
den Rechtsweg zuläßt sür die Klage eines Grundeigentümers gegen
den Militärfiskus auf Ersatz des Schadens, der ihm an seinem
Grundstücke durch die Errichtung einer Zuschauertribüne für die
Kaiserparade entstanden ist, denn derartige Veranstaltungen fallen
nicht mehr unter den dem Gesetze zugrunde liegenden Begriff der
Ausübung eines Staatshoheitsrechts. Ebensowenig trifft dies zu
für zufälligen oder sonstigen bloß gelegentlich der Ausübung des
Hoheitsrechts entstandenen Schaden. „Voraussetzung ist, daß das
Hoheitsrecht objektiv ausgeübt worden ist und subjektiv ausgeübt
werden sollte." Der KompGH. (vom 29. Juni 1912, DJZ. 13,
703) hat daher für den Anspruch auf Ersatz des Schadens, der
während einer Herbstübung durch das Lagerfeuer biwakierender
Truppen an einem Fruchtschober entstanden war, den Rechtsweg zu-
gelaffen. „Der auf unerlaubte Handlung (fahrlässiges Nichtlöschen
des Biwakfeuers) gestützte Schadensanspruch . . . geht nicht auf
Vergütung für die Duldung der rechtmäßigen Ausübung des Hoheits-
rechts, sondern stützt sich darauf, daß rechtswidrig gehandelt ist.
Diese Handlung war von den für die Ausübung des Hoheitsrechts
Verantwortlichen nicht gewollt, und ein nichtgewolltes Handeln kann
nicht die Ausübung eines Hoheitsrechts sein."^)
IV. Oben im § 4 ist als nicht zu den „wohlerworbenen" Rechten
gehörig auch die Gewerbefreiheit bezeichnet, jedoch auch darauf hin-
gewiesen worden, daß in gewissen Beziehungen der bereits ein-
gerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb ein von der Rechts-
ordnung zu schützendes Rechtsgut sei, allerdings nach Ansicht des
Reichsgerichts nicht in Beziehung auf die Frage der Entschädigungs-
pflicht für obrigkeitliche, den Gewerbebetrieb störende oder sogar
vernichtende Maßnahmen. Diesem nicht gerade billig erscheinenden
Standpunkt ist für bestehende gewerbliche Anlagen vorgebeugt
durch § 51 RGewO., welcher lautet: „Wegen überwiegender
Nachteile und Gefahren für das Gemeinwohl kann die fernere
Benutzung einer jeden gewerblichen Anlage durch die höhere Ver-
78) Das RG. (vom 21. Mai 1912) hat in einem ähnlichen Falle die
Haftung des Militärfiskus deshalb verneint, weil er keine der Allgemein-
heit gegenüber bestehende Pflicht hätte, für das Auslöschen des BiwakfeuerS
und die Beseitigung der auf dem Biwakplatze zurückbleibenden Platzpatronen zu
sorgen, da auf einem Feldgrundstück außer dem Eigentümer niemand etwas zu
suchen hätte.