Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 60 (1916))

Kriegswucher.

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Erwähnung getan. Die Denkschrift (Drucks. Nr. 107, 5. Nachtrag
S. 70) weist darauf hin, daß es, um den gegenwärtigen Krieg er-
folgreich durchzuführen, bei der Abschneidung der Zufuhr vom
Auslande nötig war, für die Herstellung und den Betrieb von
Kriegsbedarfsgegenständen auf die im Lande vorhandenen Vorräte
zurückzugreifen, daß aber die Mängel der bestehenden Gesetzgebung
geeignet seien, zu einer wirtschaftlichen Schädigung der Gesamtheit
unseres Volkes zu führen; einheitliche und schleunige Sicherstellung
der Kriegsbedürfniffe müsie erzielt, die „durch ungerechtfertigte Preis-
treiberei" verursachte erhebliche Erhöhung der Kriegskosten ver-
hindert werden. Diese wirtschaftlichen Schädigungen will die Bek.
vom 24. Juni 1915 abstellen, indem sie in § 1 während der Dauer
des Krieges die Enteignung von Gegenständen zuläßt, die bei der
Herstellung und dem Betriebe von Kriegsbedarfsartikeln zur Ver-
wendung gelangen können, und zwar anders wie die oben erörterte
Bek. vom 23. Juli 1915 ohne Rücksicht, ob solche Gegenstände
zurückgehalten werden oder nicht. Der Äbernahmepreis soll hier
nicht wie nach der Bek. vom 23. Juli 1915 durch die Verwaltungs-
behörde, sondern durch ein Schiedsgericht festgesetzt werden. Neben
der Enteignungsbefugnis räumt § 4 den dort näher bezeichneten
Behörden auch das Recht der Beschlagnahme solcher Gegenstände
ein, mit der Wirkung, daß die Vornahme von Veränderungen an
den beschlagnahmten Gegenständen verboten ist, rechtsgeschäftliche
Verfügungen über sie nichtig sind und das unbefugte Beiseite-
schaffen, Zerstören, Verkaufen usw. unter Strafe gestellt wird. Wie
schon oben bemerkt wurde, hat die Bek. vom 24. Juli eine erheb-
liche Ergänzung durch die Bek. vom 23. Juli insofern erfahren,
als die Strafbestimmungen der letzteren über übermäßige Preis-
forderungen, Zurückhaltung, Vernichtung usw. auch auf Gegenstände
des Kriegsbedarfs ausgedehnt werden.
Wie erwähnt, geht der Entwurf eines ungarischen Gesetzes den
Mißbräuchen bei Heereslieferungen ganz besonders scharf zu Leibe
infolge der Erfahrung, „daß die Not des Staates leicht die Neigung
weckt, übernommene Pflichten mangelhaft zu erfüllen" (vgl. DJZ.
15, 551 ff., Recht u. Wirtsch. 15,191). Liegen die Bestimmungen
dieses Gesetzentwurfes auch mehr in der Richtung einer ganz erheb-
lichen Verschärfung des § 329 DStGB. — Nicht- oder nicht
ordnungsmäßige Erfüllung der mit der Militärbehörde geschloffenen
Lieferungsverträge —, so sind doch auch sie eine Handhabe gegen

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