Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 60 (1916))

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Ebermayer.

in DJZ. 15, 1087 ff. m. E. mit Recht verneint. Das vor dem
23. Juli 1915 geschloffene Geschäft verstieß gegen kein Verbot,
mochte dabei auch ein übermäßiger Preis gefordert und bewilligt
worden sein; es war sonach gültig und erzeugte Rechtswirkungen.
Sollte es mit Rücksicht auf das in der Bek. vom 23. Juli 1915
enthaltene Verbot rückwirkend als von Anfang an ungültig angesehen
werden müffen, so bedürfte es einer besonderen ausdrücklichen Vor-
schrift, die fehlt.
Es bedarf aber gar nicht der Entscheidung der Frage, ob die
Nichtigkeit solcher Verträge aus § 134 BGB. hergeleitet werden
kann -und ob von der Nichtigkeit auch vorher geschloffene Verträge
berührt werden, da sich die Nichtigkeit sowohl der vor als nach
Erlaß der Bek. vom 23. Juli 1915 getroffenen Vereinbarungen,
soweit es sich um Verträge der im § 5 bezeichneten Art handelt,
schon aus § 138 Abs. 1 BGB. ergibt: sie sind unsittlich. Wer die
durch den Krieg geschaffenene außergewöhnliche wirtschaftliche Lage
dazu ausbeutet, sich beim Handel mit Gegenständen, die zur Er-
nährung und Erhaltung des Volkes oder 'zur Kriegführung not-
wendig sind, übermäßigen Gewinn zu verschaffen oder durch un-
lautere Machenschaften den Preis solcher Gegenstände zu steigern,
handelt unsittlich, mag auch in Friedenszeiten sein Handeln berechtigt
erscheinen. Dieser Gedanke wurde nicht erst durch die Bek. vom
23. Juli 1915 geschaffen, sondern war schon vorher vorhanden, und
diese Rechtsüberzeugung hat in dem im § 5 Bek. vom 23. Juli
1915 enthaltenen Verbote lediglich ihren Ausdruck gefunden. Vgl.
M. Hachenburg, DZZ. 15, 855; Knipschar, ebd. 1087 ff. Der-
artige Verträge sind also nichtig, mögen sie vor oder nach dem
23. Juli 1915 geschlossen oder erfüllt worden sein. Kein Ver-
tragsteil kann Rechte aus ihnen herleiten, der Käufer kann vom
Verkäufer deffen ungerechtfertigte Bereicherung zurückfordern. Die
Sache ist von besonderer Bedeutung für die Heereslieferungen,
denn gerade bei diesen scheint der Kriegswucher zumal in der ersten
Zeit des Krieges seine üppigsten Gistblüten getrieben zu haben.
Hoffentlich läßt sich der Militärfiskus die ihm durch § 138 Abs. 1
BGB. gegebene Möglichkeit, diesen Hyänen des inländischen Schlacht-
feldes ihren Raub nicht nur im Wege der Kriegsgewinnsteuer wieder
abzujagen, nicht entgehen.
In diesem Zusammenhänge sei der Bek. über die Sicher-
stellung des Kriegsbedarfs vom 24. Juni 1915 (RGBl. 357)

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