Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 60 (1916))

Kriegswucher.

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Hier wird sonach schon jede Verabredung, die auf Forderung oder
Gewährung übermäßig hoher Preise oder auf Zurückhaltung von
Waren zum Zwecke übermäßigen Gewinns oder auf unlautere
Machenschaften behufs Preissteigerung abzielt, unter Strafe gestellt.
Solche Verabredungen verstoßen gegen die guten Sitten; wer sie
trifft, macht sich strafbar, und zwar richtet sich die Strafdrohung
gegen jeden Teilnehmer. Wenn z. B. der Erzeuger sich dem Zwischen-
händler gegenüber verpflichtet, seine Kartoffeln in den Mieten zu
lasten, damit später ein übermäßig hoher Preis erzielt werden kann,
so ist er und der Zwischenhändler strafbar. Dem bekannten Un-
fuge, daß, sobald Höchstpreise festgesetzt sind," mit der Zurückhaltung
der betr. Ware geantwortet wird, könnte durch nachdrückliche An-
wendung des § 5 Nr. 2—4 entgegengetreten werden. Die Bestim-
mung im § 5 Nr. 4 hat aber auch eine weittragendere Bedeutung:
Sie verbietet gleichzeitig die Teilnahme an einer Verbindung, die
die Erzielung übermäßigen Gewinns oder eine durch unlautere
Machenschaften hervorgerufene Preissteigerung zum Zwecke hat, und
richtet sich damit gegen die Kartelle. Deren Bestreben geht ja
häufig dahin, durch Beschränkung der Erzeugung oder durch Zurück-
haltung von Waren einen Preisdruck hintanzuhalten, eine Preis-
steigerung zu erzielen. Mag das im Frieden als berechtigtes Mittel
im wirtschaftlichen Kampfe angesehen werden, während des Krieges
ist es verboten und strafbar, und bestehende Kartelle werden ihre
Bestimmungen dem anzupaffen haben, sollen nicht ihre Mitglieder
dem Strafrichter verfallen.
Zivilrechtlich sind Verträge, die gegen § 5 Bek. vom 23. Juli
1915 verstoßen, nichtig. Es könnte vielleicht zweifelhaft sein, ob
diese Nichtigkeit aus § 134 BGB. abzuleiten ist, da die Straf-
drohungen des § 5 unter Nr. 1 bis 3 sich nur gegen den einen
Vertragsteil richten; da aber nach § 5 Nr. 4 schon die Teilnahme
an einer Verabredung oder Verbindung, die eine Handlung der in
Nr. 1 bis 3 bezeichneten Art zum Zwecke hat, verboten und mit
Strafe bedroht wird, und zwar in der Richtung gegen jeden Teil-
nehmer, dürfte der Herleitung der Nichtigkeit aus § 134 kaum
etwas im Wege stehen. Leitet man sie aus § 134 her, so entsteht
die weitere Frage, ob durch das im § 5 enthaltene Verbot auch
solche Verträge nichtig geworden sind, die vor Erlaß der Bek.
vom 23. Juli 1915 geschloffen und erfüllt wurden oder deren Er-
füllung noch ausstehl. In ZW. 15, 675 wird diese Frage bejaht,

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