Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 60 (1916))

Am Wendepunkt des Rechts.

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den Hintergrund trat, jetzt mehr und mehr als maßgebender Ge-
sichtspunkt betont. Es wird nicht mehr vor einer Überschätzung
widersinniger Konsequenzen (vgl. oben S. 100), sondern umgekehrt
vor Rechtsansichten gewarnt (RG. 82,398), die zu unbefriedigenden
Ergebnissen führen. Auf solche Aussprüche kommt es aber weniger
an, als auf die zahlreichen Gesetzesauslegungen selber, die aus-
schließlich oder doch in erster Linie auf ihre praktische Brauchbarkeit
und auf die Unbrauchbarkeit der gegenteiligen Anschauung gegründet
werden.
Aus der großen Zahl der zur Verfügung stehenden Fälle sei zunächst
auf den bekannten Kwileckiprozeß — RG. 76, 283 ff. — verwiesen, bei
welchem es sich um den Anspruch der angeblichen außerehelichen Mutter
auf Herausgabe des von dem Grafen Kwilecki als sein eigenes eheliches
Kind beanspruchten Kindes handelte. Die zur Abweisung der Klage
führende Gesetzesauslegung beruht allein auf einer Aufzählung der
unhaltbaren Konsequenzen des gegenteiligen Standpunktes, der mit
Rücksicht auf den noch streitigen Personenstand des Kindes eine
Rechtslage ergeben würde, die wegen ihrer Verworrenheit nicht
annehmbar sei. Daß ein so unbefriedigendes, ja unmögliches Er-
gebnis vom Gesetze gewollt oder auch nur zugelassen sein sollte,
müsse abgelehnt werden. S. 276 ff. desselben Bandes wird die
Frage behandelt, ob ausstehende Gesellschaftsbeiträge bereits zum
Aktivvermögen der Gesellschaft gehörten. Die Bejahung dieser
Frage „findet ihre beste Stütze" in folgenden Erwägungen: Wenn
die Beiträge vor ihrer Einziehung noch nicht zum Gesellschaftsver-
mögen gehörten, so ergäbe sich daraus, daß den Gläubigern der
Gesellschaft die Möglichkeit genommen wäre, bei der Zwangsvoll-
streckung ins Gesellschaftsvermögen die Beitragsforderungen zu faffen.
„Dieses Ergebnis wäre namentlich dann unbefriedigend, wenn die
Gesellschaft den Gläubigern nur mit dem Gesellschaftsvermögen haftete,
ein Fall, der bei rechtsfähigen Vereinen oft vorkommt." In RG. 77,
211 ff. handelte es sich um die Frage, ob bei der Schadensersatzpflicht
aus unerlaubten Handlungen der Beschädigte nur gemäß § 831 BGB.
für die Handlungen feiner Angegestellten hafte, oder ob er ebenso wie
nach § 278 bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen seinerseits sich auf
§831 berufen könne, um die Haftung von sich abzuwälzen. Die
Entscheidungsgründe enthalten folgende Sätze: Hält man daran
fest, daß § 278 BGB. nur bei einem bestehenden Schuldverhältnis
Anwendung finden kann, so ergibt sich im übrigen eine Ungleichheit

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