Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 48 (1904))

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Einzelne Rechtsfälle.

S. 148 ff., 167 ff.), es kann aber auch die Schullast auf die poli-
tische Gemeinde übernommen werden (Giebe-Hildebrandt S. 823 ff.,
Schneider und von Bremen S. 194, Zentralblatt für die Unterrichts-
verwaltung 1893 S. 716). Im vorliegenden Falle ist nun als un-
streitig anzusehen, daß in Deutsch-Wilmersdorf die politische Ge-
meinde Trägerin der jetzt in Frage stehenden öffentlich-rechtlichen
Pflichten ist, und daß sie in deren Erfüllung das Schulgebäude, in
dem sich der Unfall ereignete, erbaut und mit den erforderlichen
Gerätschaften ausgestattet hat. Demnach hatte sie bei der Anschaffung
und Anbringung der letzteren diejenige Sorgfalt zu betätigen, welche
zur Wahrung von Leben und Gesundheit der Schulkinder und der
Lehrer, die sich anläßlich des zu erteilenden Unterrichts in dem Ge-
bäude aufzuhalten und die Gerätschaften zu benutzen hatten, geboten
erschien. Und diese Sorgfalt ist, wie die Vorinstanz mit Recht
angenommen hat, von den verfassungsmäßigen Vertretern der Be-
klagten — auf deren Verhalten, nicht auf das etwaiger sonstiger
„Willensorgane" kommt es an — außer acht gelaffen worden.
Die Revision ist der Meinung, daß, wenn auch die Befestigung
der Tafeln ungenügend gewesen sein möge, doch die Beklagte kein
Verschulden treffe, da sie die Lieferung und Befestigung der Tafeln
einer Firma übertragen habe, die sich speziell mit der Herstellung
und Anbringung von Schulwandtafeln befasse, und deren Leistungen
auf diesem Gebiet anerkannt vorzüglich seien. Dein ist entgegenzu-
halten, daß die Firma C. A. L. zwar die Anbringung der Tafeln
mit übernommen gehabt, sie aber mit Zustimmung des Gemeinde-
bauamts der Beklagten dem Tischlermeister W. in Deutsch-Wilmers-
dorf übertragen hat, der ihr auf eine an den Gemeindebaurat H.
gerichtete briefliche Anfrage als eine Person, der die Aufstellung der
Tafeln übertragen werden könnte, benannt worden war. Und der
genannte W. hat sich wiederum um das Aufstellen und Befestigen
der Tafeln persönlich gar nicht gekümmert, sondern die Arbeit einem
Werkführer aufgetragen, der dann den Arbeiter W. mit der Ausführung
beauftragt hat. Bei dieser Sachlage bot der gute Ruf, dessen sich
die Firma C. A. L. erfreuen mag, gar keine Gewähr für eine sach-
gemäße Ausführung der Aufstellung und Befestigung, und es lag
deshalb den mit der Leitung des Baues und der Einrichtung der
Schule betrauten technischen Beamten der Beklagten ob, die Auf-
stellung zu beaufsichtigen oder nachträglich vor der Ingebrauchnahme
der Tafeln einer genauen Prüfung zu unterziehen. Denn es handelte

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