Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 48 (1904))

Zwangsvollstreckung in Alternativobligationen. 493
Schoße der sog. ersten Kommission zu § 5 der Vorlage zwei Amen-
dementsanträge gestellt, die folgendermaßen lauteten: ?«)
Antrag I. „Das Wahlrecht des Schuldners geht auf
den Gläubiger über, wenn der Gläubiger mit einem voll-
streckbaren Titel versehen ist und der Schuldner innerhalb einer
den Umständen nach angemeffenen Frist die Wahl nicht vollzieht."
Antrag II. „Soll gegen den wahlberechtigten Schuldner
die Zwangsvollstreckung stattfinden, so hat der Gläubiger die
Wahl. Er muß jedoch eine andere zur Wahl gestellte Leistung
annehmen, solange er die gewählte Leistung auch nicht teilweise
erhalten hat."
Der Antrag II wurde angenommen. Gleichzeitig wurde der Be-
schluß gefaßt,27) es sollte der Redaktion Vorbehalten bleiben, ob nicht
die Bestimmung zweckmäßiger zu fasten sei:
Das Wahlrecht des Schuldners wird durch Einleitung
der Zwangsvollstreckung nicht ausgeschlossen. Der Gläu-
biger kann dieselbe zwar auf eine der mehreren Leistungen richten,
er muß jedoch eine andere dieser Leistungen annehmen, solange
er die von ihm gewählte Leistung auch nicht teilweise empfan-
gen hat."
Man erkennt aus dieser Gegenüberstellung unschwer den Wechsel in
der Stellungnahme der ersten Kommission zu unserem Problem.
Zuerst heißt es klipp und klar: „das Wahlrecht des Schuldners geht
auf den Gläubiger über"; dann wird vorgeschlagen: „der Gläubiger
hat die Wahl" und schließlich soll die Norm nach den Intentionen
der Kommission lauten: „das Wahlrecht des Schuldners wird durch
Einleitung der Zwangsvollstreckung nicht ausgeschlossen". Jedenfalls
ist mit diesem zuletzt zitierten Satze der endgültige Standpunkt der
ersten Kommission genügend gekennzeichnet: die Zwangsvoll-
streckung übt auf das Wahlrecht des Schuldners nicht den
Einfluß, daß es auf den Gläubiger übergeht.
Man möchte annehmen, daß bei der endgültigen Redaktion des-
§ 5 der Vorlage die dargestellte Schlußauffastung der ersten Kom-
mission einen klaren Ausdruck gefunden hätte. Aber gerade das
Gegenteil ist auffälligerweise der Fall. Und hier sitzt die Wurzel
26) Vergl. „Metallographierte Protokolle der ersten Kommission zur Aus-
arbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuchs" S. 472, 478 und 476.
27) Met. Protokolle a. a. O. S. 478.

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