Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 48 (1904))

Abstrakte Rechtsgeschäfte.

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Dritten als wirksam erweist,u) und zwar so, daß die Gültigkeit in
diesem Moment aus der Person des Ausstellers zu beurteilen ist.
Wird die Frage nach der Abstraktheit der Vollmacht aufgeworfen,
so kann man hier nicht in gleicher Weise wie in den weiterhin zu
erwähnenden Fällen die Einwirkung des Grundgeschäfts voraus-
setzen, da bei der Vollmacht dem „Grundgeschäfte" nicht ein auf
denselben Zweck gerichtetes, in abstrakter Form auftretendes Geschäft
derselben Personen entspricht, sondern die Vollmacht nur den Ge-
schäftsabschluß mit einem Dritten ermöglichen soll. Ob nun dem
Dritten Einreden aus dem Grundgeschäft entgegenstehen, das wird
vor allen Dingen aus dem Sinne der Vollmacht, welche doch den
Dritten sicher stellen soll, zu entnehmen sein. Jndeffen wird regel-
mäßig nur der gutgläubige Dritte zu schützen sein, welcher über-
überzeugt war, daß die Vollmacht trotz des weniger weitreichenden
Grundgeschäfts ihm gegenüber in ihrer ganzen Erscheinungsform
gelten sollte.^) Bestimmtere Regeln werden sich über diesen Punkt,
in welchem immer die Gestaltung des einzelnen Falles ausschlag-
gebend sein wird, kaum aufstellen lasten. Daß das Gesetz eine un-
bedingte Wirkung der Vollmacht, auch für den nicht gutgläubigen
Dritten, vorgeschrieben habe, wird sich auf Grund des § 167 B.G.B.
nicht behaupten lasten. Der Gesetzeswortlaut kann hier nicht ent-
scheiden, ebensowenig wie dies bei dem noch zu besprechenden Schuld-
bekenntniffe der Fall ist, oder wie etwa aus Art. 8 der Wechsel-
ordnung die Vorschrift zu entnehmen ist, daß auch dem ersten
Wechselgläubiger keine Einreden aus dem Grundgeschäft entgegen-
ftehen.
Mit einem von Jsay^) vorgeführten Beispiele wird sich eine
abstrakte Wirkung der Vollmacht nicht Nachweisen lasten. Wenn
nämlich ein Wucherer auf Grund einer vom Bewucherten erteilten
Vollmacht von dritter gutgläubiger Seite Zahlung erhebt, so ist
u) Zsay, Geschäftsführung, S. 230 Hupka, Die Vollmacht, S. 151; Eccius
in Gruchots Beiträgen, Bd. 47, S. 211, 213. — Ob die Vollmacht bei den von
Manigk a. a. O S. 362ff., insbesondere S. 394 sogenannten Willensgeschäften
(Okkupation, Dereliktion) eine Erklärung Dritten gegenüber nicht voraussetzt
oder ob sogar eine solche Erklärung hier nicht denkbar ist, kann an dieser
Stelle, wo nur von einer zur Wirkung gegenüber Dritten bestimmten Vollmacht
die Rede ist, unerörtert bleiben.
12) Hupka a. a. O. S. 211, 215, 221; Zsay, Geschäftsführung, S. 223 bis
230, und die dort Zitierten.
"») a. a. O. S. 227.
Beiträge, 48. Jahrg. 4. u. 5. Heft.

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