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Bestimmter lauten die Vorschriften des bürg. Gesetzbuchs für das
K. Sachsen:
§ 1283. „Die Haftpflicht (der Wirthe) erstreckt sich auf alle
Räume, welche zur Ausübung des Gewerbes dienen. *) Hat der
Wirth dem Fremden einen bestimmten Raum für seine Sachen an-
gewiesen, so besteht die Haftpflicht nur, wenn der Fremde dieser An-
weisung nachgekommen ist." * 1 2)
§ 1284. „Der Wirth haftet für alle Sachen des Fremden,
welche außerhalb des Wirthshauses untergebracht worden sind, sofern
sie von ihm oder seinen hierzu bestellten Dienstleuten übernommen
wurden."
Eine ausdrückliche Vorschrift enthalt das privatrechtliche Gesetzbuch
für den K. Zürich:
§ 1152. „Diese Verantwortlichkeit erstreckt sich auch auf die
Wagen, welche von dem Gastwirthe nicht in verschloflene Räume
untergebracht worden sind und daher auf offener Straße oder
Plätzen stehen bleiben, insofern deren Besorgung von ihm oder seinen
Leuten übernommen worden ist." 3)
Ebenso beginnt das Receptum außerhalb des Wirthshauses, wenn
der Wirth die Sachen eines Reisenden, den er bei sich ausgenommen
haftet er auch für diese 1. 3 I>r. b. t. (4, 9). Hiernach läßt sich auch vcr-
theidigen, daß der Gastwirth nicht nur für die in den Hofraum oder andere
offene Räume eingebrachten Gegenstände, für welche diese den Reisenden als
angewiesen erscheinen, wie Wagen, Schlitten u. s. w. sammt Inhalt Hane,
denn diese sind durch das Einbringen selbst roeoptao, sondern auch für die
in nicht zum Gasthos gehörigen Räumen, wie vor demselben auf der Straße
stehen gebliebenen Wagen sammt Inhalt u. s. w., sobald der Gastwirth oder
sein Vertreter sie als ihrer Obhut übergeben annehmen.
1) Mit Bezug auf diese Vorschrift spricht sich ein Erkenntniß des O. A. G. $u
Dresden (in dessen Annalen N. F. VII. S. 359) dahin ans: Es kann zuge-
geben werden, daß sich nicht schlechthin sagen läßt, es gehöre die Hausstur
desjenigen Hauses, in welchem das Gewerbe der Gastwirthschaft betrieben
wird, mit zu den zur Ausübung dieses Gewerbes dienenden Räumen, so daß
die Einbringung von Sachen in diesen Raum Seiten eines vom Gastwirch
Aufgenommenen den Ersteren zur Haftung nach den vom sogenannten re-
ooxtum geltenden Grundsätzen verpflichte. — Es wird vielmehr diese Frage
in jedem einzelnen Falle nach den nähern obwaltenden Umständen zu em-
scheiden sein.-
2) Motive: Hiernach bezieht sich die Haftpflicht auch auf solche Räume, welche
der Gastwirth zu Beherbergung Fremder in andern Häusern ermiethet Hai.
•3) Bluntschli, Erläut. III. S. 180: Auch diese Ausdehnung der Verant-
wortlichkeit erklärt sich aus dem allgemeinen Bedürfniß. Erscheint dieselbe
dem Wirthe zu gefährlich, so kann er für Unterbringung in einem geschlossenen
Raume sorgen, der Reisende kann es nicht von sich aus.