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Motive: Die Worte „bloß tatsächlich" sollen anzeigen, daß nichts
davon abhängt, ob der Gastwirth oder dessen Stellvertreter bei der
Jllation mitgewirkt haben, oder nicht. *)
4. Hierbei kommt auch in Frage:
welche Sachen unter das Receptum fallen.
Unser Preußisches Landrecht schreibt vor:
§ 444 II. 8. „Gastwirthe sind schuldig, für Alles zu haften,
was die von ihnen, oder ihren dazu bestellten Leuten aufgenommenen
Reisenden in das Gasthaus gebracht haben."
Diese Bestimmung, welche dem Satze Glück's S. 12 entspricht:
„Ein Gastwirth muß seinen Gästen für alle Sachen stehen, welche sie
mit sich in den Gasthof gebracht haben," ist zunächst schon insofern einer
erweiterten Auslegung bedürftig, als zur Begründung des Receptum
die Einbringung in das Gasthaus selbst nicht erforderlich ist. So ist
in einem Erkenntnisse des Ober-Tribunals zu Berlin vom 2. November
1844 mit Recht angenommen:
Zur Haftung der Gastwirthe für die Sachen der aufgenommenen
Reisenden ist es nicht unbedingt erforderlich, daß dieselben inner-
halb der zum Gasthause gehörigen Räumlichkeiten untergebracht
worden sind; es genügt, wenn andere Umstände und Verhältnisse
vorhanden sind, aus denen, des Verbleibens jener Sachen außer
jenen Räumlichkeiten ungeachtet, dennoch die geschehene Aufnahme
derselben sich schließen läßt. (Entscheid, des K. Ober-Tribunals
Bd. II S. 367.) 2)
1) Vgl. Motive zu dem Entwürfe eines bürg. Gesetzbuchs für das K. Bayern
München, 1861) S. 206: Zur Begründung der Haftung des Wirthes wird
erfordert, daß die Effekten ihm selbst oder seinen Dienstleuten übergeben
oder an den von ihnen bezeichneten Orten untergebracht worden seien. Hätte
der Reisende dieselben, ohne den Wirth oder die Dienerschaft davon in
Kenntniß zu setzen, an einem dazu nicht bestimmten Platze eingestellt, so
könnte den Wirth kein Vorwurf und keine Verantwortlichkeit treffen, wenn
sie dort wegkommen.
Einer besonderen ausdrücklichen Verabredung bedarf es dagegen bei der Auf-
nahme der Effekten nicht; häufig ist der Reisende dabei nicht einmal zugegen;
es genügt, daß er seine Absicht, in dem Hause einzukehren, thatsächlich kund
gebe, und es ist daher die Haftpflicht begründet, wenn, wie dies im Verkehr
üblich ist, die Dienstleute des Wirthes Effekten an sich nehmen, indem sie
dieselben von der Eisenbahn weg auf den Omnibus laden, von dem ankom-
menden Wagen herab in den Hausgang stellen u. dgl.; ebenso haftet der
Wirth für Pferde, die in den Stall, für Wagen, die in die Remise gebracht
wurden. Er haftet in diesem Falle auch für Sachen, die in dem Wagen
belassen wurden, wenn er nicht ausdrücklich deren Abladung verlangt hat.
2) Sintenis II. S. 699: Hat der Gastwirth oder Schiffer Sachen des Rei-
senden außerhalb des Gasthauses oder Schiffes wirklich übernommen, so