Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 18 = N.F. Jg. 3 (1874))

76

indem derselbe voraussetzen konnte, daß der Kläger für dessen Sicher-
stellung sofort weitere Sorge treffen würde. ,
(Seuffert, Archiv VII. Nr. 40.)
Erkenntniß des O.-A.-G. zu Darmstadt vom 31. März 1868:
Der Gastwirth haftet, sobald er den Gast recipirt hat, für sämmliche
— gleichviel ob gewöhnliche — Effekten desselben ohne besondere
Vereinbarung (Archiv für prakt. Rechtswiff. N. F. VII S. 80).
Erkenntniß desselben Gerichtshofes: Es ist keine Voraussetzung der
actio de recepto, daß der Wirth die Effekten des Gastes besonders
recipirt habe, es genügt vielmehr die bei Reception des Gastes mit
Wissen des Wirthcs oder seines betreffenden Dienstpersonals erfolgte
Jllation der Effekten. (Ebendas. S. 89 f.)
Vgl. das Erkenntniß des österreichischen obersten Gerichtshofes
vom 20. März 1872: Der Beklagte hat den Mangel der Ueber-
gabe der mittelst Einbruchs in seinem Gasthofe gestohlenen Gelder
und Pretiosen der Klägerin eingewendet. Allein der Begriff der
„Uebergabe" ist, wie sich aus der Vergleichung der §§ 426, 452,
481, 797, 958 u. A. des b. G. B. ergibt, keineswegs überall
ein und derselbe. Daher ist keine zwingende Nothwendigkeit vor-
handen , ihn auf den kleinsten Umfang einzuschränken. Nach
ß 970 b. G. B. haftet der Gastwirth gleich einem Verwahrer.
Nun wird bei Aufnahme der Reisenden zwischen diesen und dem
Wirthe in der Regel kein ausdrücklicher Verwahrungsvertrag ge-
schlossen, sondern dieser vollzieht sich stillschweigend durch die Aus-
nahme der Effecten der Reisenden. Die Uebernahme ist daher im
weiteren Umfange und etwa gleichbedeutend mit Empfangnahme
aufzufaffen. Der Verkehr der Reisenden wäre ja nachgerade un-
möglich, wenn er an ein Depositenamt eines Gasthofes gefesselt
wäre. Bei der Nothwendigkeit einer körperlichen Uebergabe wäre
für den Wirth nichts leichter als das Gesetz, das seine Haftung
normirt, in jedem Falle zu umgehen. Hier tritt noch hinzu, daß
der Zimmerschlüssel dem Portier übergeben worden ist, von dem
jeder Passagier mindestens alle Aufmerksamkeit auf die im Gasthofe
ab- und zugehenden Personen zu erwarten berechtigt sein muß. Der
Hotelier hat also durch die Aufnahme der Reisenden eine vertrags-
mäßige Verbindlichkeit übernommen. Er hat jedoch den ihm nach
den §8 966 und 1298 a. b. G. B. obliegenden Beweis nicht
geliefert, daß der Schaden der beherbergten Reisenden ohne sein oder
seiner Bediensteten Verschulden erfolgt sei. Er haftet daher gemäß
der 88 970 und 1316 b. G. B. für diesen Schaden. (Allgem.
österr. Ger.-Ztg. 1872 S. 138.)
Auch die neuere Gesetzgebung geht von dieser Auffassung aus.
Bürg. Gesetzbuch für das K. Sachsen 8 1281. „Es ist gleich,
ob die Aufnahme der Fremden mit ihren Sachen von dem Wirthe
oder von seinen hierzu bestellten Dienstleuten erfolgt, oder ob die
Fremden ihre Sachen bloß thatsächlich in das Wirthshaus bringen/'

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer