Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 18 = N.F. Jg. 3 (1874))

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ausdrückliche Uebergabe beziehungsweise Uebernahme der in den Gasthof
gebrachten Sachen ist dazu nicht erforderlich. Es genügt, daß der
Wirth überhaupt weiß oder nach der Lage der Sache wissen mußte,
daß der Reisende Sachen bei sich führte, welche er damit von selbst
seiner Obhut anvertraute.* *)
Vgl. II 1p. I. 1 § 8 D. nautae caup. (4, 9): Recipit autem
salvum fore, utrum si in navem res missae ei adsignatae
sunt: an et si non sint adsignatae, hoc tamen ipso quod in
navem missae sunt receptae videntur? Et puto omnium
eum recipere custodiam, quae in navem illatae sunt.
Schi It er, exercit. ad Pand. XII § 24 Nr. 1: In libello
igitur duo imprimis sunt alleganda, quae postmodum etiam
probationi subjiciuntur, primum rerum receptio a caupone
vel familia facta. Et sufficit heic res solum esse illatas
hospitio, aut navi immissas, nec requiritur nominatim custo-
diae esse commissas, modo sciverit aut scire potuerit do-
minus de viatore vel vectore, licet de rebus speciatim non
constiterit: alias enim durum esset nimis, obligari dominum,
si scire non potuerit, quid fidei suae creditum.
Carpzov, Jurispr. for. P. II const. 26 def. 11: Etsi re
gulariter caupo teneatur ad restitutionem vel aestimationem

Wirth oder seinem Personal die Obhut über seine Effekten ausdrücklich über-
trägt. -So lange der Gast nichts der Art gethan hat, stehen die Sachen
in dem öffentlichen Hause, wenn auch seine Person als Gast ausgenommen
ist und vielleicht als solcher nicht abgewiesen werden konnte, auf seine Gefahr.
*) Hierdurch entscheidet sich auch die Beweissrage.
Weis a. a. O. S. 316 bemerkt hierüber: Sobald ein Reisender in einem
Wirthshause zur Herberge ausgenommen ist, weiß der Wirth, daß der Gast
jedenfalls Sachen bei sich hat, bezüglich deren er ex Edicto haftet, und, indem
er ihn ohne Protestation beherbergt, entsteht für ihn generalis scientia, so
weit sie nicht durch positive Verheimlichung in ihrer naturgemäßen generellen
Ausdehnung reducirt wird. Daß dies der Fall gewesen, hat er zu behaupten,
er ponirt mit der Behauptung der Clandestinität eine förmliche Einrede, die
er nach allgemeinen Prozeßregeln zu erweisen hat.
Weiterhin S. 353 bemerkt derselbe: Alle in der Wirthschaft beschäftigte
Personen, in deren Wirkungskreis es liegt, Fremde aufzunehmen, oder bei
dieser Aufnahme, etwa nur bezüglich des Gepäckes, mitzuwirken, begründen
ein Receptum für ihren Dienstherrn und es ist ohne Weiteres Alles so an-
zusehen, als ob dieser selbst gehandelt hätte, oder als ob ihm selbst gegenüber
gehandelt wäre. Durch die Augen seiner hierzu angestellten Diener sieht der
Wirth unmittelbar Alles, was den Gast und sein Receptum betrifft. Die
generalis scientia, die allein schon den Wirth verantwortlich macht, wird
faktisch hierdurch in ihrer Last wesentlich reducirt, der Wirth kann jederzeit
durch seine Leute erfahren, mit welch äußerer Gepäckmenge der Gast bei ihm
eingekehrt ist, in welcher Weise derselbe ausgenommen ist.

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