Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 18 = N.F. Jg. 3 (1874))

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Rechtsanwalts bedient hat. Dieser Fall liegt unzweifelhaft vor, wenn
am Sitze des Prozeßgerichts selbst mehrere Rechtsanwälte wohnen.
Zu demselben Resultate führt übrigens auch die Entstehungsgeschichte
jener Nr. 4 der Allgem. Bestimmungen des Tarifs. Der Regierungs-
Entwurf enthielt unter Nr. 5 des ersten Abschnitts Nr. 1 die Be-
stimmung :
Wenn ein Rechtsanwalt nicht am Orte des Gerichts, bei
welchem er zur Prozeßpraxis verstattet ist, wohnt, so kann er
für die Reise zum Gericht weder Diäten, noch Reisekosten
liquidiren.
In den Motiven dazu wird bemerkt, daß ein Bedürfniß, den Rechts-
anwälten die Liquidation der Reisekosten und Diäten in solchen Fällen
gegen ihre Mandanten zu gestatten, nicht vorliege, denn
„wenn der Iustiz-Commissar eine regelmäßige Praxis bei dem
auswärtigen Gerichte treibt, so wird er auch Einrichtungen
treffen können, daß er ohne erheblichen Zeit- und Kostenauf-
wand die Geschäfte dort abmachen kann, und in den ge-
wöhnlichen Gebühren noch immer eine hinreichende Entschädi-
gung finde."
(vgl. Anlagen zu den Verhandlungen der zweiten Kammer
1851 S. 132 und 136.)
Die Commission der zweiten Kammer, welche an Stelle dieses von
der Regierung vorgelegten einen gänzlich neuen Entwurf einbrachte, in
welchem Nr. 4 der Allgem. Bestimmungen, so weit es hier interessirt,
die gegenwärtige zum Gesetz erhobene Fassung hat, motivirte die Ab-
änderung damit, daß es ein unantastbares Recht jeder Partei sei, sich
beliebig desjenigen Rechtsanwalts zu bedienen, welcher gesetzlich berechtigt
sei, die Besorgung ihrer Geschäfte zu übernehmen. Wenn — heißt es
weiter —
die Partei, wohl wissend, daß sie in Folge dieser Wahl zu
einer größeren Vergütung sich verpflichtet, dennoch es ihrem
Interesse entsprechend erachtet, darauf einzugehen, so würde nur
ihr zu nahe getreten, nicht aber ihr Schutz gewährt, wenn
dem Rechtsanwalt der Ersatz von Reisekosten entzogen würde.
Denn es wird nicht wohl bezweifelt werden können, daß we-
nigstens in sehr vielen Fällen der Rechtsanwalt das ihm an-
getragene Geschäft ablehnen wird und muß. So weit der
Rechtsanwalt und die Partei es in ihrem Interesse für zu-
träglich erachten, werden sie selbst schon für eine geringere

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