Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 18 = N.F. Jg. 3 (1874))

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stattung der Kosten erst von dem, sieben Tage nach dem Eingänge
der Nachricht beginnenden Zeitraum an gefordert werden kann.
Schwangerschaft an sich ist nicht als eine Krankheit im Sinne der
vorstehenden Bestimmung anzusehen.
Das Reichsgesetz unterscheidet also im § 28 prinzipiell:
1. die thatsächliche, vorläufige Hülfeleistung, welche sofort
erfolgt, sobald die Hülfsbedürftigkeit eines Deutschen zu Tage
tritt. Diese wird ausnahmslos demjenigen Armenverbande auf-
erlegt, in dessen Bezirk sich der Deutsche bei dem Eintritt der
Hülfsbedürftigkeit befindet;
2. die endgültige Verpflichtung zur Unterstützung eines hülfs-
bedürftigen Deutschen. Diese wird in erster Linie dem Orts-
armenverbande des Unterstützungswohnsitzes, in zweiter dem-
jenigen Landarmenverbande auferlegt, in dessen Bezirk sich der
Deutsche bei dem Eintritt der Hülfsbedürftigkeit aufhält.
(Vgl. § 30 des Reichsgesetzes und den Bericht der Reichs-
tags-Kommission. Sten. Ber. der Reichst. Verh. für 1870
B. IV S. 578, 579.)
Von der Regel, daß der Armenverband des Bezirks, in welchem
die Hülfsbedürftigkeit zuerst hervortritt und der Deutsche sich bei dem
Eintritt derselben befindet, dann nur vorläufig zur Unterstützung ver-
pflichtet ist, wenn ein Unterstützungswohnsitz existirt, konstituirt der § 29
des Reichsgesetzes eine wichtige Ausnahme. Nach § 29 ist abweichend
von dem Prinzipe der §§ 28, 30 für den Zeitraum der ersten
sechs Wochen nach der Erkrankung hinsichtlich der im Alinea 1 des
§ 29 angegebenen Kategorien von Personen — selbst wenn sie einen
Unterstützungswohnsttz haben — der Armenverband des Dienstortes der
definitiv verpflichtete.
Eine solche Ausnahmebestimmung für gewisse in Dienstverhältnissen
stehende Personen ist nicht neu geschaffen, vielmehr aus der altpreußi-
schen Armengesetzgebung herüber genommen worden, wo sie im § 32
des Ges. vom 31. December 1842 über die Verpflichtung zur Armen-
pflege (G. S. 1843 S. 8), und mit einigen Modifikationen im Art. V
des Ges. vom 21. Mai 1855 zur Ergänzung der Ges. vom 21. De-
cember 1842 (Novelle G. S. 1855 S. 311) bereits Ausdruck gefunden
hat. Die Vorlage des Bundespräsidiums zum Unterstützungswohnsitz-
gesetze hatte eine dem § 29 entsprechende Bestimmung deshalb nicht
recipirt, weil nach den der Bundespräsidialvorlage zu Grunde liegenden
Erstattungsprinzipien eine Erstattungsverbindlichkeit wegen vorüber-
gehender Hülfsbedürftigkeit überhaupt nicht bestehen sollte, mithin die

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