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Ja wir wollen, den Sprachforschern die Prüfung und Entscheidung an-
heimstellend, ob und inwieweit zwischen dem altgothischen banäus und
wantus ein etymologischer Zusammenhang besteht, nur erwähnen, daß
selbst das deutsche Wort Hand in Handschuh, von dem gothischen banäus
stammend, an wantus wenigstens erinnert.
Für die Richtigkeit der hier vertheidigten Ansicht spricht aber auch
der Umstand, daß dem lateinischen Worte incantare erst im Mittelalter
die fragliche Bedeutung beigelegt ward, während es ursprünglich aus-
schließlich bedeutete: „Zauberformeln hersagcn, zaubern," und nur so wird
es auch einmal im corpus juris gebraucht (1. 1 § 3 D. 50, 13). Zu
der Zeit aber, als das Wort die neue zweite Bedeutung versteigern
erhielt, waren die Ausdrücke Gant, verganten, wettre ä l’encan, mettere
all incanto, to seil by cant u. s. w. zuverlässig schon längst im Ge-
brauche, und es darf deshalb wohl angenommen werden, daß die Gleich-
heit des Klanges in diesen Ausdrücken der Grund ward, dem ähnlich
klingenden lateinischen Worte von ganz anderer Bedeutung nunmehr eine
neue, dem Sinne jener Ausdrücke gleiche Bedeutung beizulegen. —
Jndeß mag dem sein, wie ihm wolle, mag diejenige Ansicht die
richtige sein, welche die Worte Gant und verganten für ursprünglich
deutsche, oder die andere, welche dieselben für romanischen Ursprungs
erklärt, jedenfalls ist das Wort Gant seil vielen Jahrhunderten, ja wir
dürfen getrost sagen seit über tausend Jahren in der deutschen Rechtö-
sprache im Gebrauche. Dadurch aber und, wenn es romanischen Ur-
sprunges sein sollte, durch die erfahrene Umformung würde auch das
etwa ursprünglich romanische ein deutsches Wort geworden sein, ebenso
wie eine große Anzahl anderer Worte, welche wir täglich gebrauchen
und bei denen Niemand mehr daran denkt, daß sie romanischen Ur-
sprungs sind. Wir erinnern nur an folgende wenige Beispiele, die der
Sprachforscher leicht vermehren könnte. Das Wort Ziegel ist von dem
lateinischen tegula umgelautet; das Wort Tisch ist aus dem lateinischen
disens germanisirt und hat das alte deutsche Wort Bank (Fleischbank,
Schuhbank) zu einem niedern Gestell herabgedrückt, während es ur-
sprünglich allein die runde Tischplatte bedeutete, welche z. B. beim Ser-
viren mit den Speisen aufgestellt ward. An letztere Bedeutung, die
Tischplatte erinnern noch das italienische und das französische Wort il
banco und la banque, der Tisch des Wechslers und des Spielers.
(Diez a. a. O. S. 344. Sanders Wörterbuch der deutschen Sprache
III. S. 1327. Grimm, Wörterbuch I. S. 1109). Ferner ist Spiegel
aus dem lateinischen speculum gebildet (Wächter a. a. O. II. 1560),
Schurke aber von dem italienischen scorreggia die Peitsche, scorreggiare ==