Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 18 = N.F. Jg. 3 (1874))

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entwickeln, daß daraus zwar nicht dasjenige, was der Kläger in
der Klage gefordert hat, wohl aber irgend ein anderer rechtmäßiger
Anspruch desselben zu folgen scheint, so muß in Fortsetzung der
Instruktion dieser Entwickelung nachgegangen, und die Sache, mit
Rücksicht auf diesen veränderten Gesichtspunkt, in facto dergestalt
erörtert werden, daß der Richter nicht nur über den in der Klage
formirten, sondern auch über den während des Laufs der In-
struktion zum Vorschein gekommenen anderweiten Anspruch des
Klägers ein Endurtheil abfassen könne.
ß 22. Inzwischen ist eine solche Aenderung des Antrags der Klage
nur bis zum Schluß der Sache in erster Instanz zulässig. . .
Somit ist in diesen Paragraphen nicht davon die Rede, daß der
Richter von Amtswegen ei »schreiten soll, vielmehr wollen sie nur,
daß der Richter auch die nachträglich gestellten Anträge des Klägers
berücksichtigen soll. Diese Paragraphen verbieten das Zurückwcisen
solcher Anträge, damit der Kläger nicht in die Nothwendigkeit versetzt
werde, auch wegen solcher Anträge, die nach Lage der Sache begründet
sind, einen neuen Prozeß anzustrengen. Daß aber unsere neueren Pro-
zeßgesetze den, die unnütze Vervielfältigung der Prozesse hindernden
§ 21 I. 5 A. G.-O. aufheben wollen, ist in denselben nirgends
angedeutet.
Ebensowenig greift der andere vom Ober-Tribunal in seinem Er-
kenntnisse vom 8. Februar 1858 hervorgehobcuc Grund durch, daß nach
vollendetem Schriftwechsel nicht noch ein neuer Punkt zur Verhandlung
gestellt werden könne, weil dies in den angeführten Gesetzen ver-
boten sei.
Denn § 14 der Verordnung vom 1. Juni 1833 verpflichtet nur
den Verklagten^ die Klage vollständig zu beantworten, auch alle seine
Einreden im Klagebeantwortungstermine vorzubringen.
Nach § 27 daselbst soll zur Verhandlung über zulässige neue That-
umstände und Beweismittel eine andere Sitzung anberaumt werden.
Ebenso handeln §§ 1, 7 und 8 der Verordnung vom 21. Juli
1846 nur von der Anführung neuer Thatsachen.
Dagegen ist im § 29 der Instruktion des Justizministers vom
24. Juli 1833 allerdings gesagt:
Es hat der Kläger alles, was er vom Verklagten verlangt, in
seiner Klage, und der Verklagte alles, was er gegen den Anspruch
einzuwenden hat, bei der Beantwortung desselben anzubringen.
Später findet im Laufe des Prozesses keine neue Forderung
und keine neue Gegenforderung statt.
Diese Vorschrift scheint die Annahme des Ober-Tribunals zu recht-
fertigen. Doch verschwindet dieser Schein bei eingehender Betrachtung.

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