Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 18 = N.F. Jg. 3 (1874))

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Verordnung vom 1. Juni 1833 schlössen eine erst im Termine zur
mündlichen Verhandlung angebrachte Aenderung des Klageantrags aus,
indem nach vollendetem Schriftwechsel nicht noch ein neuer Punkt zur
Verhandlung gestellt werden könne.
In seinem früheren Erkenntnisse vom 27. April 1852 (Striet-
horst, Archiv Bd. 6 S. 133) hat dagegen das Ober-Tribunal eine
solche nachträgliche Aenderung des Klageantrages zugelassen. Zu dessen
Begründung war angeführt, daß § 21 I. 5 A. G.-O. durch keine neuere
Verordnung aufgehoben sei. Er gelte daher auch für das neuere Pro-
zeßverfahren, bei welchem der Schluß der Sache erst mit der Been-
digung der mündlichen Verhandlung eintrete. Insbesondere spreche der
§ 29 der Ministerial-Instruktion nur von neuen Forderungen und
Thatsachen, und habe im Uebrigen nur die Vorschriften der A. G.-O.
I. 5 § 23 und I. 10 § 5 a. wiederholt.
Bei diesen sich widersprechenden Entscheidungen unseres höchsten
Gerichtshofes dürfte es nicht überflüssig sein, diese Frage, welche von
großer praktischer Bedeutung ist, eingehend zu besprechen.
Nach § 59 der Einleitung zum A. L.-R. behalten die Gesetze so
lange ihre Kraft, bis sie vom Gesetzgeber „ausdrücklich" wieder
aufgehoben werden.
Indeß ist mit dem Ober-Tribunal (Bd. 68 S. 167 der Entschei-
dungen) anzunehmen, daß hier das Wort „ausdrücklich" nicht die
Bedeutung hat, daß in dem neuen Gesetze wörtlich gesagt sein müsse,
das ältere Gesetz sei aufgehoben. Es genügt vielmehr, wenn entweder
die Vorschriften des neueren Gesetzes mit dem älteren unvereinbar sind,
oder doch aus seinem Inhalte die Absicht: das ältere nicht fvrtbestehen
zu lassen, klar erhellt.
Da nun die vom Ober-Tribunal in seinem Erkenntnisse vom
8. Februar 1858 angeführten Vorschriften den § 21 I. 5 A. G.-O. -
nirgend ausdrücklich aufheben, so frägt es sich, ob diese angeführten
Borschriften mit dem § 21 I. 5 Ä. G.-O. unvereinbar sind, oder doch
klar erkennen lassen, daß die Vorschrift nicht ferner gelten soll.
Das Ober-Tribunal folgert diese Unvereinbarkeit in seinem Er-
kenntnisse vom 5. Februar 1858 daraus, daß der § 21 I. 5 A. G.-O.
auf dem nicht mehr geltenden Prinzip der A. G.-O. beruhe, daß der
Richter von Amtswegen die wahre Beschaffenheit des Streits zu er-
mitteln habe.
Nun lautet aber § 21 a. a. O.:
Wenn das Geschäft oder die Thatsache, welche bei dem Prozeffe
zum Grunde liegen, sich im Verfolge der Instruktion dergestalt

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