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Gründe.
I) Der Vertrag vom 17. Juni 1873 ist ausdrücklich als „Kauf-
punktation" überschrieben. Die Contrahenten werden darin „Ver-
käufer" und „Käufer" genannt, und in § 1 heißt es: „Es ver-
kaufen die Lampeschcn Eheleute ihr eigenthümliches Bäckereigrundstück rc."
Wenn die Parteien also einen Kaufvertrag abgeschlossen haben,
so sind die Kläger nach der Begriffsbestimmung des tz 1 L. R. I. 11
verpflichtet, dem Verklagten das Eigenthum des verkauften Grundstücks
abzutreten, gleichviel ob dies auf dem Wege der unter der Herrschaft
des Landrechts erforderlichen Uebergabe, oder im Wege der nach
der neuen Grundbuch-Gesetzgebung erforderlichen Auflassung geschieht.
§ 1 ff. L. R. 1. 10.
8 76 ff. 124 ff. L. R. I. 11.
8 1 ff. Gesetz vom 5. Mai 1872.
Das Versprechen zu übergeben, beziehungsweise aufzulassen, ist kein
wesentlicher Bestandtheil des Kaufvertrages (essentiale negotii), ohne
dessen Vorhandensein der Vertrag nicht gelten kann; sondern ein natür-
licher Bestandtheil (naturale negotii), welcher als von den Contrahenten
gewollt vermuthet wird, wenn sie eine Erklärung darüber nicht ab-
gegeben haben. Wenn der Verkäufer dieser kontraktlichen Verbindlichkeit
zur Auflassung nicht nachkommt, so kann er auf Antrag des Käufers
dazu verurtheilt werden. Das rechtskräftige Erkenntniß ersetzt die Auf-
lassungserklärung (8 3 Gesetz vom 5. Mai 1872). Förster sagt in
seinem Grundbuchrecht (S. 95) „der 8 126 L. R. I. 11 bleibt in dem
Sinne gültig, daß der Veräußerer durch den Veräußerungs-Vertrag ver-
pflichtet wird, Alles zu thun, was von seiner Seite erforderlich ist, um
die gerichtliche Zuschreibung an den Käufer zu bewirken, d. h. daß
er zur Erklärung der Auflassung verpflichtet wird."
II) Dafür daß die Kläger den Verklagten durch Betrug, d. h.
durch wissentliche und vorsätzliche Erregung eines Irrthums
§ 84 ff. L. R. 1. 4,
8 349 ff. L. R. I. 5
zum Abschluß des Vertrages verleitet haben, ist Seitens des Verklagten
Aichts von Erheblichkeit vorgebracht. Die angeblichen Differenzen:
1500 oder 1300 Einwohner in Etgersleben,
drei Bäcker dort, oder vier Bäcker und ein die Bäckerei be-
treibender Windmüller
sind nur geringfügige. Es kann nicht ohne Weiteres angenommen
werden, daß die Kläger die angeblich richtige zweite Alternative ge-
wußt und dem Verklagten die erste Alternative vorsätzlich falsch
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