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Er sieht aber nach dem Ergebnisse der Beweisaufnahme für festgestellt
an, daß der Verklagte und sein Vorbesitzer den Weg nicht in der Mei-
nung eines ihnen fortdauernd zustehenden Rechtes, sondern nur auf Grund
eines widerruflichen Rechts in Besitz genommen und benutzt Hütten.
Er hält für dargethan, daß die alljährliche Zahlung von 15 Sgr. eine
Gegenleistung für die pachtweise Benutzung des Weges gewesen sei, daß
also ein Pachtverhältniß bezüglich der Wegenutzung Vorgelegen habe.
Implorant behauptet, daß der Appellationsrichter durch die An-
nahme eines Pachtverhältnisses den § 259 Tit. 21 Th. I A. L.-R. ver-
letzt habe. Der Pachtvertrag setze eine Sache voraus, welche Nutzungen
trage und zur Nutzung dem Pächter in unvollständigen Besitz gegeben
sei. Das entgeltlich eingeräumte Recht zum Gebrauche eines Weges
als solchen und zum Zwecke, darauf vorübergehend etwas niederzulegen,
falle nicht unter den Begriff des Pachtvertrages. Der Appellations-
richter verkenne den wesentlichen Charakter und die rechtliche Natur eines
solchen Vertrages (Nr. 9 der Instruktion vom 7. April 1839).
Der Angriff ist jedoch verfehlt.
Der Verklagte und Wiederkläger beansprucht eine Wegegerechtigkeit.
Nach § 14 Tit. 22 und § 82 Tit. 7 Th. I A. L.-R. ist es für die
Ersitzung einer Servitut, worauf die Wiederklage gestützt wird, erfor-
derlich, daß aus der Erklärung des Handelnden oder aus den Umständen
die Meinung eines ihm wirklich zustehenden fortdauernden Rechts (animus
guris) erhellt. Der Appellationsrichter nimmt an, daß nach der kon-
kreten Sachlage dem Verklagten der besondere Nachweis dieser Rechts-
meinung obgelegen und daß er ihn nicht geführt habe. Wenn der Ap-
pellationsrichter bei seinen thatsächlichen Erwägungen die Entrichtung
eines jährlichen Betrages von 15 Sgr. für die Benutzung des Weges
besonders hervorhebt, unter Bezeichnung dieser Gegenleistung als eines
Pachtzinses, so ist darin eine Verletzung des § 259 Tit. 21 Th. I
A. L.-R., bezüglich ein Verstoß gegen Nr. 9 der gedachten Instruktion
nicht zu finden. Es kam darauf an: ob das vorliegende Sachverhältniß
für eine Grundgerechtigkeit, also eine dauernde Einschränkung des Grund-
stücks der Kläger zu Gunsten des Grundstückes des Verklagten, §§ 1H-
Tit. 22 a. a. O., oder nur für ein dem Verklagten persönlich einge-
räumtes, eingeschränktes, also widerrufliches, Gebrauchs- oder Nutzungs-
recht gemäß §§ 227, 258, 259 Tit. 21 a. a. O. zu erachten ist. Der
Appellationsrichter hat unter thatsächlicher Würdigung des Sachver-
hältnisses Letzteres angenommen. Ob das von ihm festgestellte Rechts-
verhältniß nach den angeführten §§ 258 und 259 richtiger als Mieth-
statt als Pachtvertrag, also das für die Wegebenutzung bestimmte