8.8.
Haftung der Eisenbahn-Gesellschaft für die Beschädigung eines Arbeiters beim Felsensprengen. Erkenntniß des Appellations-Gerichts zu Magdeburg vom 3. Januar 1874 in Sachen des Arbeiters Nieme wider in Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn-Gesellschaft
Mitgetheilt von dem Herrn Appellationsgerichts-Rath Voigtel in Magdeburg
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Nr. 27.
Haftung -er Lisenbahn-Gefeüfchaft für -ie Seschädigung eines
Arbeiters beim Felfenfprengen. *)
Gesetz vom 7. Juni 1871 (R.-G.-Bl. S. 202) §§ 14, 25.
Gesetz vom 3. November 1838 (Ges.-S. S. 505). Gesetz vom
21. Dezember 1846 (Ges.-S. 1847 S. 21) § 53 A. L.-R.
Th. I Tit. 6.
Erkenntniß des Appellations-Gerichts zu Magdeburg vom
3. Januar 1874 in Sachen des Arbeiters Nieme wider die
Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn-Gesellschaft.
Mitgetheilt von Herrn Appellaiionsgerichts-Rath Voigtel in Magdeburg.
Kläger war im Jahre 1870 als Arbeiter bei dem von der Ver-
klagten unternommenen Bau der Halle - Aschersleber Eisenbahn, und
insbesondere bei Sprengarbeiten beschäftigt. Am 21. August des ge-
nannten Jahres hat er bei dem von ihm vorgenommenen Versuche,
einen Felsen zu sprengen, eine Beschädigung seiner Augen dadurch er-
litten, daß sich die in dem Bohrloche befindliche Sprengmasse, als er
den oberen Besatz derselben einstampfte, entzündete (anscheinend, weil
eine eiserne, nicht eine kupferne Zündnadel dabei angewendet war) und
ihm Pulver und Lehm ins Gesicht schleuderte.
I. Nach den besonderen gesetzlichen Vorschriften über Eisenbahn-
unternehmungen hat die Verklagte für einen derartigen Schaden
nicht aufzukommen.
Das Gesetz vom 7. Juni 1871 (R.-G.-Bl. S. 207) findet schon
deshalb keine Anwendung, weil es erst nach dem Unfall zur Geltung
gekommen ist.
Die §§ 14 und 25 des Gesetzes vom 3. November 1838 (G.-S.
S. 505) verpflichten die Eisenbahngesellschaften nur zur Einrichtung
und Unterhaltung der durch die Eisenbahn an Wegen, Ueberfahrten
u. s. w. zur Sicherung der benachbarten Grundbesitzer nöthig gewordenen
Anlagen, so wie zum Ersatz des bei der Beförderung auf der Bahn
entstandenen Schadens, beziehen sich aber nicht auf Unfälle, von denen
die Arbeiter beim Bau der Eisenbahnen betroffen werden.
Die Verordnung vom 21. December 1846 (Ges.-S. 1847 S. 21)
hat ebenfalls nicht die Haftpflicht der Eisenbahngesellschaften für Un-
*) Vergl. das Erkenntniß des Reichs-Ober-Handels-Gerichts vom 12. Mai 1873
(Entsch. Bd. 10 S. 84).