7.
Literatur
7.1.
Das Versprechen als Verpflichtungsgrund im heutigen Recht. Eine Germanische Studie von Dr. Heinrich Siegel, o. ö. Professor des deutschen Rechts an der Wiener Universität, Wirkl. Mitglied der Kaiserlichen und correspond. Mitglied der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Berlin, 1873. Verlag von Franz Vahlen
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Literatur.
i.
Das Versprechen als Verpflichtungsgrund im heutigen Recht. Eine Ger-
manische Studie von vr. Heinrich Siegel, o. ö. Professor des deutschen
Rechts an der Wiener Universität, Wirkt. Mitglied der Kaiserlichen und
correspond. Mitglied der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Berlin, 1873. Verlag von Franz Bahlen. 159 SS. 8.
Diese Schrift ist schon vermöge ihres, die wichtigsten Grundprinzipien
des Obligationenrechts befassenden Gegenstandes, mehr aber noch vermöge der
im offenen Widerspruche mit anerkannten Sätzen der herrschenden Theorie
versuchten Durchführung deffelben vollkommen geeignet, die Aufmerksamkeit
jedes denkenden Juristen auf sich zu lenken. Die Darstellung zerfällt in zwei
Abschnitte. Der erste behandelt „die Grundlagen" (§§ 1 — 6), der zweite
„die einzelnen Versprechen" (§§ 7 — 14). Im ersten Abschnitte wird zu-
nächst der Gegensatz zwischen dem römischen und germanischen Rechte hervor-
gehoben (§ 1 „Die römische Stipulation und der deutsche Vertrag"), welcher
sich darin zeigt, daß in der römischen stipulatio, der Hauptverkehrsform,
ihrer Organisation nach die Thätigkeit des Acquirenten vorwog, während
unsere Anschauung in der Vertragsorganisation die Thätigkeit des Disponenten
in den Vordergrund treten läßt und deshalb den Vertrag nicht in Anforderung
und Einwilligung, sondern in Versprechen und Annahme zerlegt, das Ver-
sprechen als das Erste und die Annahme als das Nachfolgende betrachtend.
Me folgenden §§ 2 und 3 besprechen „die Annahme des Versprechens ins-
besondere," sowie „die Verpflichtung ein Versprechen zu halten und Versprochenes
zu leisten." Der Vers, sondert hierbei die Verpflichtung, im gegebenen Wort
zu bleiben und die Verpflichtung, das gegebene Wort zu erfüllen. In ersterer
Hinsicht bandelt es sich nur um die Verpflichtung zu einer Unterlassung
(„nicht zurückzunehmen das gegebene, nicht zu widerrufen das gesprochene,
nicht zu brechen das gestabte Wort, und zwar mit der Wirkung, daß ein
Zuwidcrhandeln rechtlich bedeutungslos ist"). Das Gegenstück von dieser
Verpflichtung bildet „das Reuerecht," dem der Vers, im § 4 unter quellen-
mäßiger Begründung eine besondere Darstellung widmet. Auf diese Weise
ebnet sich derselbe den Boden zur weiteren Ausführung des Satzes, „daß im
deutschen Rechtsleben der Gegenwart außer dem Vertrage auch ein bloßes
Versprechen der Verpflichtungsgrund sein könne" (§ 6 „das Versprechen als
möglicher Verpflichtungsgrund").
Nach dieser Feststellung der Grundlagen geht der Vers, im zweiten
Abschnitte auf die einzelnen Versprechen über. Es werden hier erörtert:
die Vertragsofferte an Abwesende (§ 7), die Vertragsofferte mit einer Bedenk-
zeit (§ 8), das sog. hinkende Geschäft (§ 9), das Steigerungsgebot (§ 10),