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gleichgültig sein muß, ob auf diese Strafe wegen eines Verbrechens
gegen den Ehegatten oder gegen einen Andern erkannt ist.
Der Wortlaut des citirten § 704 A. L. R. II. 1 zwingt nun aber
auch keineswegs zu der Interpretation des Verklagten, denn auch der
Ehegatte ist „ein Anderer" als der Verbrecher selbst, wenngleich es zu-
gegeben werden muß, daß die Worte „gegen Andere" überflüssig sind,
und die früheren Fassungen des Paragraphen zu einem Zweifel, wie er
hier von dem Verklagten angeregt worden, keine Veranlassung boten.
Es mag nicht überflüssig sein, darauf hinzuweisen, daß auch die
anderen großen Gesetzbücher einen derartigen Unterschied nicht kennen.
Der Oode Napoleon z. B. bestimmt im Art. 232:
La condemnation de l’un des epoux 4 une peine infamante,
sera pour l’autre epoux une cause de divorce.
und ähnlich das Oesterreichische Gesetzbuch im § 115.
Wie wenig aber Suarez selbst daran gedacht hat, durch die von
ihm schließlich beliebte Fassung des Paragraphen eine Einschränkung
der durch das Ehescheidungs-Edikt vom 17. November 1782 schon zu-
gelassenen Scheidungsgründe herbeisühren zu wollen, erhellt aus seinen
Schlußvorträgen, wo er (Jahrb. Bd. XLI S. 125) bezüglich dieses Ab-
schnitts sagt:
„Dieser Abschnitt ist ganz aus dem Ehescheidungs-Edikt ge-
nommen, und nur die Strenge des Edikts ist in einigen
Stücken gemildert,"
wobei er dann, ebenso wie in dem sub H. beigefügten Promemoria auf
die §§ 696, 697, 706, 707, 786 und 796 verweiset, in denen theils
neue Ehescheidungsgründe eingeführt, theils die früheren Ehescheidungs-
strasen ermäßigt waren.
Endlich aber ergiebt auä) eine Vergleichung des § 704 eit. mit
der wörtlich aus der K. O. vom 30. August 1810 entnommenen Vor-
schrift des Anh.-§ 295 zu § 64 A. G. O. I. 40 zur Evidenz, daß der
Gesetzgeber sich eines solchen Unterschiedes, wie ihn der Verklagte aus
den Worten des § 704 cit. herleiten will, durchaus nicht bewußt ge-
wesen ist.