Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 18 = N.F. Jg. 3 (1874))

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und nur nach dieser zahlen will. Der erste Richter hat den Kläger
auch angebrachtermaßen abgewiesen, weil er den Beweis, daß zu ange-
messenen Preisen verkauft worden, nicht geführt habe. Der Appella-
tionsrichter dagegen hat den Verklagten nach dem Klageanträge ver-
urtheilt, „weil die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises nicht
nur entstehe, wenn nach vorheriger Preisvereinbarung die Waare über-
geben sei, sondern auch dann schon, wenn ohne solche, auf Bestellung,
geliefert sei, und weil der Unterschied nur der sei, daß im ersten Falle
der vereinbarte, im zweiten Falle der übliche Preis gezahlt werden müsse."
Die gegen diese Argumentation gerichteten Angriffe der Nichtig-
keitsbeschwerde sind nicht begründet. Denn daß zu einem Vertrage die
wechselseitige Einwilligung der Kontrahenten gehört, und daß zum Be-
griffe eines Kaufvertrages die Erlegung einer bestimmten Geldsumme
erforderlich ist, das verneint der Appellationsrichter nicht, sondern er
geht von diesen Voraussetzungen bei seiner Begründung nothwendig
aus und stellt fest, daß im vorliegenden Falle, wo zwischen einem Kauf-
manne und einem Gewerbtreibenden die Bestellung und die Lieferung
der Waare erfolgt sei, dem Kaufverträge die üblichen Preise zum Grunde
gelegt seien. Der Appellationsrichter kann daher die Gesetzesbestim-
mungen § 1 Tit. 5, § 1 Tit. 11 Th. I des Allgemeinen Landrechts,
Artikel 337 und 338 des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches
nicht verletzt haben.
Der Appellationsrichter nimmt nun auch ferner an, daß die von
dem Kläger in Rechnung gestellten Preise angemessen seien, weil der
Verklagte — bei seinem Bestreiten — unterlassen habe, eventuell den
Minderwerth anzugeben. Darin liegt an sich eine Feststellung der An-
gemessenheit der Preise im konkreten Falle; jedenfalls kann der für die
Annahme der Angemessenheit angegebene Grund nicht ohne Weiteres
für unrichtig erkannt werden.
Wenn der Appellationsrichter hiernach aber davon ausgeht, daß
der Vertrag nach der Angemessenheit der Preise abgeschlossen ist und
daß die geforderten Preise angemessen sind, so ist nicht abzusehen, wie
er hierdurch die Grundregeln über die Beweislast, § 16 der Einleitung
und § 28 Th. I Tit. 13 der Allgemeinen Gerichtsordnung, so wie den
formulirten Rechtsgrundsatz verletzt haben soll:
Der auf Zahlung des Kaufpreises klagende Verkäufer hat den
gültigen Abschluß des Kaufgeschäftes zu beweisen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.

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