Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 18 = N.F. Jg. 3 (1874))

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Auch nach Preußischem Recht ist anzunehmen, daß die Zeit der
Einbringung der Sachen in das Gasthaus durch den Reisenden
nicht entscheidend ist. Im § 444 II. 8 A. L. R. ist nicht
gesagt, daß die Haftpflicht sich nur auf Dasjenige erstrecke, was
der Reisende in dem Momente seiner Aufnahme in das Gasthaus
gebracht hat. Weder die Faffung des § 444, noch die Natur der
Sache gestattet in dieser Beziehung einen Unterschied in das Geseh
hineinzutragen. Aus Dasjenige, was der Reisende, während seines
Aufenthalts im Gasthause, in dasselbe hineinbringt, vertraut er der
Sicherheit und Treue des Wirthes oder seiner Leute an. Der Aus-
spruch der 1. 4 § 2 cit. ist in der Natur der Sache begründet.
(Entscheid, des K. Ober-Tribunals Bd. 33 S. 114.)
In diesem Sinne verordnet auch das bürg. Gesetzbuch für das
K. Sachsen:
§ 1282. „Die Wirthe haften für alle Gegenstände, welche die
Fremden bei ihrer Aufnahme oder während ihres Aufenthalts in dem
Wirthshause einbringen." * *)
Eine andere Streitfrage ist:
ob das Receptum sich auch auf diejenigen Sachen bezieht, die
der Reisende an sich trägt.
Sintenis II. § 120 Note 8, welchem Förster S. 293 Note 9
beistimmt, verneint diese Frage, weil Sachen, welche der Reisende an
und bei sich am Leibe trage, nicht salvas fore receptae seien, sondern
noch in seiner eigenen Obhut ständen. Mit Recht macht jedoch Weis
a. a. O. S. 348 f. unter Hinweisung auf 1. 1 § 6 D. h. t. dagegen
geltend:
Der Umstand, daß der Gast eine recipirte Sache unter seine
besondere Obhut nimmt, erleichtere wohl dem Wirth seine Ver-
bindlichkeit aus dem Receptum, allein sie befreie ihn nicht da-
von. Ein Verzicht auf das Receptum sei insbesondere nicht
daraus abzuleiten, daß diese Sachen in die unmittelbarste Nähe
des Gastes genommen werden, denn das Receptum beabsichtige
nicht, dem Gast den Gebrauch seiner Sachen zu entziehen, sie
sollen der Disposition und Verwahrung des Reisenden unter-
worfen bleiben, der Reisende vollziehe also, indem er die Sachen
an sich nehme, etwas ganz in der Natur des Receptum Liegendes,

post impositas merces in navem, loeatasque inferentur, etsi earum vectura
non debetur: ut vestimentorum, penoris quotidiani: quia haec ipsa cetera-
rum rerum locationi accedunt.
*) Siebenhaar, Com. II. S. 280: „Während ihres Aufenthalts" bringen
Fremde z. B. solche Sachen ein, welche sie in dieser Zeit einkaufen und unter
ihrer Adresse im Gasthaus abgeben lassen, oder selbst auf ihr Zimmer bringen.

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