Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 40 = 5.F. Jg. 5 (1896))

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Zur Kritik des Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs.

Zu § 253. Erhöhung des Grundkapitals.
Abs. 2 bestimmt, daß beim Vorhandensein verschiedener Aktien-
gattungen jede Gattung besonders dem Erhöhungbeschlusse zuftimmen
muß. Dies weicht von der Vorschrift der bisherigen Art. 215a. und
215 Abs. 6, wonach es nur der besonderen Zustimmung der benach-
theiligten Gattung bedurfte, ab.
Als Grund wird dafür angegeben, daß es häufig zweifelhaft
sei, ob eine Benachtheiligung einer Gattung vorliege, und daß es
deshalb, um ungültige Beschlüsse zu vermeiden, zweckmäßig sei, die
Beschlußfassung aller Gattungen zu fordern. Allein wenn im Einzel-
falle Zweifel obwaltet, ob der Beschluß eine der mehreren Aktien-
gattungen benachteilige, so folgt daraus nur, daß man in diesem
Falle sich für die Nothwendigkeit einer besonderen Beschlußfassung
auch dieser Gattung entscheiden muß. Dagegen in allen Fällen die
besondere Zustimmung sämmtlicher Aktiengattungen zu fordern führt
dahin, daß die Entscheidnng über die Erhöhung des Kapitals, wenn
nur eine Gattung daran ein Interesse hat, der Willkür der anderen
Gattungen, die daraus weder Nutzen noch Schaden zu erwarten
haben, preisgegeben wird. Wenn z. B. die Erhöhung des Kapitals
durch eine Vermehrung der Stammaktien zu dem Zwecke erstrebt
wird, um diesen durch eine Erweiterung des Betriebs eine Dividende
zu verschaffen, die sie bisher nicht hatten, so ist eine Benachtheiligung
der Prioritätsaktien, die vielleicht eine Vorzugsdividende und ein Recht
auf vorzugsweise Befriedigung im Falle der Liquidation genießen, in
keiner Weise zu besorgen. Die Inhaber der Prioritätsaktien können
aber durch Versagung ihrer besonderen Zustimmung den Beschluß
vereiteln, weil sie kein Interesse daran haben, eine Gesundung der
Stammaktien herbeizuführen, und vielleicht sogar den Wunsch hegen,
daß die Stammaktien ertraglos bleiben und möglichst unverkäuflich
werden, um demnächst sie zu einem Spottpreise auszukaufen und sich
so in den alleinigen Besitz des Unternehmens zu bringen.
Es empfiehlt sich daher in Abs. 2 nur die Zustimmung be-
sonderer Generalversammlungen der Aktionäre der durch
die Erhöhung benachteiligten Gattung zu fordern.
Zu §§ 254 und 259.
Der Vorschrift des § 254 liegt das zu billigende Prinzip zu
Grunde, die Erhöhung des Kapitals möglichst der ursprünglichen
Errichtung der Gesellschaft gleich zu behandeln. Es werden aber nur

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