Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 40 = 5.F. Jg. 5 (1896))

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Literatur.

beherrschenden Grundgedanken, daß der Vertrag nicht die Uebertragung
des Erbrechts bewirke, sondern nur die Verpflichtung begründe, daß die
Vertragschließenden, um mit Strohal (Zahrb. für die Dogmatik
Bd. 33 S. 368) zu reden,
zur mittelbaren Herstellung desselben praktischen Erfolges ver-
pflichtet werden, welcher sich unmittelbar verwirklicht hätte, wenn
der Käufer an Stelle des Verkäufers Erbe geworden wäre.
Das Allgemeine Landrecht, das aus dem entgegengesetzten grundsätzlichen
Standpunkte steht, drückt seinen Gedanken in § 456 I. 11 dahin aus:
Die Sache wird so genommen, als wenn die Erbschaft sogleich dem
Käufer und nicht dem Verkäufer angefallen wäre.
Der Grundsatz des Entwurfes aber wird ausgedrückt:
1. von Puchta, Pandekten, §521:
Unter den Kontrahenten ist das Resultat herzustellen, als wäre
nicht der Verkäufer, sondern der Käufer Erbe;
2. von Arndts, Pandekten, § 540:
Demzufolge ist unter den Kontrahenten dasselbe Resultat her-
zustellen, als wäre nicht der Verkäufer, sondern der Käufer
Erbe geworden, bezüglich der Lasten und Verbindlichkeiten,
wie bezüglich der Vortheile;
3. von Windscheid, Lehrbuch der Pandekten, § 621:
Im Allgemeinen. . . sind die Parteien sich gegenseitig ver-
pflichtet, eine der anderen dasjenige zu gewähren, was sie
haben würden, wenn nicht der Veräußerer, sondern der Er-
werber Erbe geworden wäre;
4. von Baron, Pandekten, § 436:
Die Kontrahenten sind verpflichtet, einander das zu leisten,
was sie haben würden, wenn nicht der Veräußerer, sondern der
Erwerber Erbe geworden wäre;
5. von Dernburg, Pandekten, III. § 168:
Solche Geschäfte . . . begründen.. . zwischen den Kontrahenten
die gegenseitige Verbindlichkeit, das wirthschaftliche Resultat
herzustellen, wie wenn der Käufer und nicht der Verkäufer
der Erbe wäre.
Der Entwurf bedient sich hiernach im Wesentlichen derjenigen
Fassung, welche in der ganzen zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts von
den bewährtesten Lehrern des gemeinen Rechtes angewendet worden ist,
ohne daß gegen diese von irgend einem Menschen der Vorwurf erhoben
worden wäre, daß sie ein unlösliches Räthsel aufgegeben haben. Die
Ausstellung G.'s dürfte daher nicht von großem Gewichte sein.
Ob der allgemeine Rechtssatz des § 2345 nothwendig ist, oder ob
er, wie die Reichstags-Kommission angenommen hat, aus den sonstigen
Vorschriften des Entwurfes hergeleitet werden kann und deshalb ent-
behrlich erscheint, ist eine Frage, die von G. nicht angeregt und deshalb
hier nicht zu erörtern ist; aus den Ausführungen auf S. 56 des Buches
über den ersten Entwurf möchte ich folgern, daß die Streichung des
§ 2345 dem Geschmacke G.'s nicht entspricht.

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