Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 40 = 5.F. Jg. 5 (1896))

Das fiduziarische Rechtsgeschäft.

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und Eideszuschiebung abgesehen nur durch aus den Umständen her-
zuleitende Vermuthungen erbracht werden. Steht nun fest (um die
gewöhnlich vorkommenden Momente hervorzuheben), daß kein Kauf-
preis, sondern nur die bedingte oder betagte Tilgung einer bestehen-
den oder erst entstehenden Schuld des Verkäufers vereinbart worden
ist, daß die Kaufgegenstände solche sind, welche der Verkäufer für
seine Wirthschaft nöthig hat und daß deshalb die Belassung durch
constitutum possessorium erfolgte, so wird der Schluß gerechtfertigt
sein, daß der Kaufvertrag nicht ernstlich gewollt war. Neben diesem
Schlüsse fehlt aber jeder Anhalt für die Annahme, daß gleichwohl
der Traditionswille ein ernstlicher gewesen sei, vielmehr wird ohne
Weiteres auch die Simulation der Eigenthumsübertragung anzuer-
kennen sein. Das Richtige ist also, bei Käufen von beweglichen
Sachen, das Traditionsprinzip bei Seite zu legen, sobald feststeht,
daß durch das obligatorische Rechtsgeschäft Eigenthum nicht über-
tragen werden wollte. Die Unterscheidung läuft dann auf eine bloße
Spitzfindigkeit hinaus. Zn dieser Beziehung ist die in dem vorhin
angeführten reichsgerichtlichen Urtheil gemachte Bemerkung ganz zu-
treffend. So sind auch andere reichsgerichtliche Entscheidungen auf-
zufaffen, in denen wegen Simulation der Eigenthumsübergang ver-
neint wurde.34) Zutreffend sagt auch das O.L.G. ©eile:35) Wenn
auch der Kauf wegen Mangels eines pretii veri ungültig sei, so
hätte doch Eigenthum übergehen können, allein die Umstände ließen
erkennen, daß dem Kläger nicht sowohl die volle (etwa bloß revo-
kable oder durch obligatorische Rechte beschränkte) rechtliche Herrschaft
über die Sache, sondern lediglich die Befugniß, sich bezahlt zu machen,
eingeräumt werden wollte.
II. Zm Falle der Dissimulation (beim verschleierten Ge-
schäfte) tritt der Unterschied zwischen dem dinglichen und obligatori-
schen Verhältniffe in anderer Richtung hervor. Es kommt, wie be-
reits oben bemerkt, darauf an, ob das in eine andere Form einge-
kleidete Geschäft an sich ein gesetzlich verbotenes sei und ob es, wenn
auch erlaubt, in der gewählten Form rechtswirksam abgeschlossen
werden durfte.
Ersteres, die Ungültigkeit des verschleierten Geschäftes wegen
Umgehung eines gesetzlichen Verbotes liegt beispielsweise gemäß 1. 5
34) Seuffert XXXVI. Nr. 8; R.G. III. S. 7. Mai 1880 u. Nr. 100, R.G.
-4- Sept. 1880.
35) Seuffert XIV. Nr. 90.

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