Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 40 = 5.F. Jg. 5 (1896))

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Einzelne Rechtsfälle.

werkslaboratoriums und der Geschützgießerei zu Spandau. Die Liefe-
rung erfolgte zu dem Zwecke, daß die Kohlen im Betriebe dieser
Anstalten verwendet wurden. Die Stempelpflichtigkeit der Verträge
auf Grund der preußischrechtlichen für schriftliche Lieferungsverträge
über bewegliche Sachen gellenden Bestimmungen hängt daher, da der
Zweck der Wiederveräußerung nicht in Frage kommt, davon ab, ob
die Kohlen als gewerbliche Betriebsmaterialien der genannten An-
stalten anzusehen sind, ob mit anderen Worten diese Anstalten ein
Gewerbe betreiben. Diese Frage hat das Berufungsgericht mit der
Begründung verneint, daß der Betrieb jener Anstalten nicht auf die
Erzielung von Gewinn gerichtet sei, sondern zur Sicherung des
Staates die Herstellung eines guten Kriegsmaterials unter Wahrung
der militärischen Geheimnisse bezwecke, während es nicht ins Gewicht
falle, daß der Betrieb in Beziehung aus die in jenen Anstalten be-
schäftigten Arbeiter den Vorschriften der Gewerbeordnung unterliege.
Zn dieser Begründung des Berufungsurtheils läßt sich die Ver-
letzung einer Rechtsnorm nicht erkennen. Mit Recht nimmt das Be-
rufungsgericht an, daß für den Begriff des Gewerbes eine auf Ge-
winn gerichtete Thätigkeit wesentlich sei, und daß der Gewinn nicht
schon durch Ersparnisse allein, sondern durch das Endergebniß, daß
die Einnahmen die Ausgaben übersteigen, gebildet werde. In diesem
Sinne ist der Staat in Beziehung auf den Betrieb der dem allge-
meinen Verkehr dienenden Eisenbahnen ein Gewerbetreibender, da-
gegen kein solcher in Beziehung auf den Betrieb einer lediglich mili-
tärischen Zwecken dienenden Eisenbahn. Auch spricht gegen die Auf-
saffung des Berufungsgerichts nicht der Wortlaut des § 9e des
Reichsstempelgesetzes vom 1. Zuli 1881, wie dies die Revision aus-
zuführen sucht, da bei einem Gewerbebetriebe, der durch eine auf
Gewinn gerichtete Thätigkeit gekennzeichnet ist, die Betriebsmaterialien,
wozu zweifellos die Kohlen in den des Gewinns halber betriebenen
Fabriken gehören, nicht stets zur Wiederveräußerung bestimmt sind
und deshalb die Feststellung des Begriffs der gewerblichen Betriebs-
materialien von dem Zwecke der Wiederveräußerung der fraglichen
Materialien nicht abhängig ist. Ebenso ist dem Berufungsgerichte
darin beizutreten, daß aus dem Umstande, daß der Staat in Be-
ziehung auf den Betrieb der hier fraglichen Anstalten verschiedenen
Vorschriften der Reichsgewerbeordnung unterworfen sei, nicht folge,
daß der Staat durch den Betrieb jener Anstalten ein Gewerbe be-
treibe, da die gleichmäßige Anwendung jener Vorschriften auf den

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