Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 37 = 5.F. Jg. 2 (1893))

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Ein Reichskompetenzgerichtshof.

Das Bundesamt für das Heimathwesen erachtet in dem Erkennt-
nisse vom 6. Februar 1892 (Preuß. Verw.Bl. XIII. 324) als Dienst-
ort eines gewerblichen Arbeiters den Sitz der gewerblichen Niederlassung
seines Arbeitgebers, nicht aber die zufällige, vorübergehende Arbeits-
stätte desselben, ebenso das Oberverwaltungsgericht in dem Erkennt-
nisse vom 19. März 1888 (Selbstverwaltung XV, 196) als Be-
schäftigungsart des an wechselnden Arbeitsstätten beschäftigten Bau-
arbeiters, womit auch der bayrische Verwaltungsgerichtshof (Arbeiter-
Versorgung VI, 284), das Großh. hessische Kreisamt zu Oppenheim
in dem Erk. v. 26. November 1889 (ebendas. VII. 105), die Gewerbe-
Deputation des Berliner Magistrats in der Entscheidung vom
25. November 1885 (bei Mugdan und Freund I. 55) überein-
ftimmen. Auch erkennt das Oberlandesgericht in Breslau in den Er-
kenntnissen des Strafsenats vom 26. September 1890 und des
IV. Civilsenats vom 20. November 1891 (Arbeiter - Versorgung IX.
10—15) gleichfalls für alle von einem Betriebsunternehmer an ver-
schiedenen Arbeitsstälten beschäftigten Arbeiter unbekümmert darum,
ob sie innerhalb oder außerhalb Verwendung finden, den Betriebs-
sitz, das Oberlandesgericht zu München jedoch deren jeweilige Arbeits-
stätte als Beschästigungsort im Sinne der Krankenversicherung an.
Der Strafsenat des Kammergerichts trifft in dem Uriheil vom
30. Juni 1892 (351, 92) eine Unterscheidung dahin, ob an der
Arbeitsstätte der Arbeitsvertrag und zwar nur für die daselbst zu
verrichtenden Arbeiten zu Stande kam, oder deren Entsendung von
dem Betriebssitze an die jeweilige Arbeitsstätte erfolgte, sodaß im
ersteren Falle die Arbeitsstätte, im letzteren der Betriebssitz als deren
Beschäftigungsort gelten müsse, mit welchem Auseinanderhallen sich
übrigens auch das Oberverwaltungsgericht in dem Erkenntnisse vom
7. April 1892 (Selbstverwaltung XIX. 406) in Uebereinstimmung
befindet.
In allen hier gegenübergestellten Entscheidungen handelt es sich,
wie von keiner Seite verkannt werden kann, um Rechtsgrundsätze
prinzipieller Natur. Diese beruhen sämmtlich auf einer von den
Urtheilsgerichten beliebten Auslegung der einschlagenden Gesetzes-
stellen. Je nach dem Standpunkte, auf welchem sie stehen, lösen sie
den gesetzgeberischen Willen und den leitenden Grundgedanken aus
dem Wortlaute der einschlagenden Vorschrift und den dieser zu
Grunde liegenden Motiven, bezw. Reichstagsverhandlungen heraus.
Run könnte es an sich völlig dahingestellt bleiben, ob für die

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