Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 37 = 5.F. Jg. 2 (1893))

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Verein, Verbindung, Gesellschaft, Korporation.

Dauer der äußeren Vereinigung zur inneren Organisation steht.
Darum ist auch zu bestreiten, daß die Vereinigung immer als eine
dauernde beabsichtigt sein muß; es lassen sich sehr viele Vereine
denken, die nur auf eine geringe Zeitdauer berechnet sind. Ent-
scheidend ist allein, ob es den Betheiligten gefällt, zur
Erreichung ihrer Zwecke den Vereins apparat zu ge-
brauchen oder nicht. Ob der Zweck bald oder spät zu erreichen
ist, verschlägt garnichts. Das Regelmäßige wird allerdings sein,
daß der Verein für längere Zeit bestehen soll. Die Regel schafft
aber noch keinen Begriff. Wollen wir aber doch als dem Begriff
wesentlich annehmen, daß die Vereinigung als langdauernde gewollt
sein muß, so erhebt sich eine andere Schwierigkeit. Ist Verein mit
Vereinigung identisch, nichts juristisches, sondern nur etwas that-
sächliches, so erkläre man die Möglichkeit, zwischen den Vereins-
mitgliedern ohne Anwendung mechanischer oder dynamischer Kräfte
eine rein äußere Verbindung auf die Dauer herzustellen. Mit der
Zerstörung des Raumverhältnisses müßte auch der Verein untergehen,
um bei jedem neuen Zusammentreffen die Mitglieder wieder aus-
zuleben. Das Gegentheil ist Thatsache. Wie es überhaupt verfehlt
ist, auf dem rein quantativen Unterschied von kürzerer oder längerer
Dauer die Trennung von Verein und Versammlung aufzubauen,
so führt es weiter noch vom Wege ab, den von einem Raum-
verhältniß der Mitglieder unter einander unabhängigen Verein aus
der nur als sinnliche Erscheinung zu begreifenden Versammlung
herzuleiten. Es muß ohne Beziehung zu Raum und Zeit ein die
Mitglieder an einander bindendes, den Verein schaffendes Mittel
existiren: es liegt in der rechtlichen Verknüpfung der Mitglieder
unter einander.
Unterwirft man alle Bildungen von fragloser Vereinsnatur
einer Prüfung, z. B. Turn-, Gesang-, Vergnügungs-, Wohlthätigkeits-,
Militärvereine u. s. w., so ergibt sich als allen gemeinsam ein durch
die Disposition der Mitglieder geschaffenes rechtliches Mittel,
um die Einzelnen an den Verein zu ketten, sie zu einer den Vereins-
zwecken entsprechenden Thätigkeit zu bewegen. Die rechtliche Ge-
bundenheit des Einzelnen ist das logische Korrelat der im Verein
eingegangenen Verbindung. Ohne dieselbe existirt kein Verein. Die
Verbindung ist eine rechtliche, keine bloß faktische, sie hat zum Inhalt
Verpflichtungen der Mitglieder gegen einander, aber nicht gegen
Dritte. Aeußerlich tritt dies darin zu Tage, daß jede den Vereins-

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