Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 37 = 5.F. Jg. 2 (1893))

218 Verein, Verbindung, Gesellschaft, Korporation.
einen Verein, wenn sie im Interesse erfolgreicher Thätigkeit
Zusammenkommen, um gemeinsam ihre Angelegenheiten zu
berathen und zu entscheiden?
Das Reichsgericht hat die erste Frage bejaht, über die zweite
sich nicht ausgesprochen. Es verwirft folgende Ausführung des
ersten Richters: „Diese Kommissionen sind aus Wahlen hervor-
gegangen auf Grund der Kongreßbeschlüffe, darin liegt keine Vereins-
bildung." Das Reichsgericht betont im Gegensatz dazu: „Die im
Verein verbundenen Personen verfolgen zwar einen gemeinsamen
Zweck; unerheblich ist aber offenbar, wie sie dazu gekommen sind,
sich den Zweck zu setzen, insbesondere ob sie ein von Anderen als
wünschenswerth bezeichnetes Ziel ins Auge gefaßt und sich angeeignet
oder sich ein selbstgeschaffenes Ziel gesetzt haben." Die Richtigkeit
dieser Auseinandersetzung ist unfraglich, sie trifft aber nicht die erst-
richterliche Behauptung. Zm Gegentheil, folgende Auslaffung bestätigt
dieselbe geradezu: „Ebensowenig kann für die Frage, ob mehrere
Personen einen Verein gebildet haben, der Umstand entscheiden, daß
die Personen durch einen Beschluß einer Versammlung und einen
Wahlakt zur Vereinigung bestimmt worden sind. Denn der Beschluß
und die Wahl der Versammlung bilden nicht die Verbindung,
sondern enthalten nur eine Aufforderung zur Verbindung,
welche dadurch, daß die Aufgeforderten Folge leisten,
ins Leben tritt." Damit ist anerkannt, daß die bloßen Wahlen,
die juristisch als Mandat und Bevollmächtigung auszufassen sind,
nicht genügen, um einen Verein herzustellen. Es war daher die
erstrichterliche Behauptung, daß in den Wahlen keine Vereinsbildung
läge, an sich nicht zu beanstanden. Höchstens kommt ein internes
Verhältniß zwischen Wählern und Gewählten zu Stande. Durch die
bloße Annahme der Wahl treten die Gewählten noch in keinerlei
Verbindung mit einander. Zhre Annahmeerklärung ist nur an die
Wähler gerichtet, nur für diese berechnet. Dies ist selbstverständliche
Wahrheit. Falsch aber war es vom ersten Richter anzunehmen, daß
hiermit die ganze Sache entschieden sei. Das Reichsgericht hat im
Gegensatz dazu das Moment des Zusammentretens der Mitglieder
hervorgeholt und zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Es
geht von der erstrichterlichen Definition des Vereins aus. Verein
ist „jede dauernde Vereinigung mehrerer Personen zur Verfolgung
bestimmter gemeinschaftlicher Zwecke unter einer Leitung." Diese
ganze Ausführung ist überhaupt keine Definition, sondern Tautologie.

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