Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 37 = 5.F. Jg. 2 (1893))

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Literatur.

von der Bevormundung eines Abwesenden, eines noch nicht lebenden
Menschen oder einer juristischen Person zu reden. Diese Unzulässigkeit
wird weder von der Gesetzessprache noch von der Redeweise des Volkes
anerkannt; es wird dem Verfasser nicht gelingen, ein Gefühl für sie
Andern aufzudringen. Ein Seitenstück zu diesem Bestreben bildet auch
sein Kampf wider die bei Förster-Eccius (Bd. 4, 5. Aust., S. 222) ge-
schehene Verwendung des Vertreterbegriffes zur Kennzeichnung aller Pfleg-
schaften (S. 227). Vertreter im gewöhnlichen engeren Sinne sind ja wohl
nicht alle Pfleger. Dies sei dem Verfasser zugestanden. Allein es giebt
einen weiteren Vertretungsbegriff, der jede Form der Fürsorge umfaßt
und für den die Volksvertretung und die Vertretung eines Lehrfaches
Beispiele sind, und dieser ist sicherlich auf alle Pflegschaften anwendbar.
Soweit also der Verfasser die Verwendung des Vormundschafts-
namens von den Pflegschaften abwenden will, ist sein Unternehmen nicht
zu billigen. Dagegen birgt sich unter dem doktrinären Kampfe um den
Namen ein sachlich berechtigter Streit wider eine allzu große Bevor-
mundung, in dem er sich mit Recht auf Unger's rühmliches Beispiel be-
rufen darf. Insoweit kann allerdings — und damit berühren wir die
Gesetzgebungsvorschläge des Verfassers — seine Schrift der Kommission
für das bürgerliche Gesetzbuch es nahelegen, die Vorschriften über Nach-
laßpflege in eine nochmalige Erwägung ziehen, deren erwünschtes End-
ziel (Schranken für eine allzu weitgreifende Bevormundung) des Ver-
fassers Schrift freilich nur im Allgemeinen angiebt.
Was nun die Unterscheidung zwischen Vormundschaft und Kuratel
betrifft, so behauptet der Verfasser einmal in dieser Frage für das
römische Recht zu streiten, und bestimmt dann doch weiterhin (S. 183),
wie oben mitgetheilt wurde, die Grenzscheide ganz anders, als er sie
aus dem römischen Recht herausgelesen hat. Dem Vormund soll der
Richter jedesmal eine gesetzlich festgelegte Macht übertragen, den Pfleger
dagegen erst im einzelnen Falle abgrenzen. Dieser Umstand ist aber
nur im Großen und Ganzen richtig und entbehrt daher der Schärfe,
welche für Begriffsmerkmale unerläßlich ist, so daß auch hier die Aus-
führungen der Schrift nicht gebilligt werden können.
Was nun endlich die weitere Unterscheidung von Real- und Per-
sonalpflegschaft betrifft, so stellt er sie zunächst fest (S. 60) und betont
ihre Bedeutung durch das ganze Buch hindurch, um dann am Schluffe
zu dem überraschenden Ergebnisse zu kommen, daß alle diese Müh-
waltungen einem Schulbegriffe gewidmet waren, welcher nicht viel werth
ist. Allein es dürfte sich doch wohl lohnen, dem Ursprung dieses Be-
griffes nachzuspüren. Zn seiner Benennung ist ein schlechtes Beispiel
nachgeahmt, welches uns die Römer gegeben haben, als sie, gestützt auf
den gewöhnlichen Gegensatz von res und persona, jeden Rechtsschutz,
der non in certam personam gerichtet war, der Kürze halber in rem
nannten, so daß diese Worte etwa zuweilen so viel besagen, wie in
ineertam personam oder in omnes oder doch in plures personas. In
dieser Weise arbeitet auch ein redlicher Konkursverwalter oder Nachlaß-
pfleger, der keinen Betheiligten in seinen Rechten verletzt, in der That

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