Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 37 = 5.F. Jg. 2 (1893))

Viehseuchengesetz.

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behörde eine weitere Anzeige, weil der Zweck derselben bereits erreicht
ist, nicht für erforderlich erachte, vielmehr die Anzeige als schon er-
stattet ansehe. Wenn der Besitzer daraufhin von der Voraussetzung
ausgeht, es werde die Polizeibehörde sofort die ihr nach § 12 des
Reichsgesetzes obliegenden Verpflichtungen erfüllen, und deshalb von
einer nachträglichen Anzeige Abstand nimmt, so kann ihm ein vorsätz-
liches oder fahrlässiges Unterlassen oder Verzögern der Anzeige im
Sinne des Gesetzes nicht zum Vorwurf gemacht werden. Schon in
dem Reichsgerichtsuriheile vom 13. Dezember 1888 (Ensch, in Civils.
Bd. 22 S. 120 ff., 124) ist darauf hingewiesen worden, daß die im
tz 9 des Reichsgesetzes vorgeschriebene Anzeige weder der Schriftform
noch einer anderen Form bedarf und lediglich den Zweck hat, die
Polizeibehörde von dem Ausbruche der Seuche in Kenntniß und hier-
durch zur Ergreifung der erforderlichen Maßregeln in den Stand zu
setzen. Wie danach zur Erhaltung des Entschädigungsanspruches eine
seitens des Besitzers der Polizeibehörde mündlich gemachte Mit-
theilung genügt, so muß dasselbe auch für den Fall gelten, wo der
Verwalter der Ortspolizei dem Besitzer gegenüber den Ausbruch der
Seuche als ihm schon bekannt bezeichnet, ohne dabei etwa noch aus-
drücklich die Erstattung einer Anzeige zu verlangen oder sonstige Vor-
behalte zu machen. Die Gründe, aus welchen die Vorinstanz den
Beweisantritt des Klägers über seine Besprechung mit dem Amts-
vorsteher und dem Landrath (vergl. § 2 des preuß. Ausf.Ges. vom
12. März 1881) abgelehnt hat, können somit als durchgreifend nicht
angesehen werden.
Dieser Beweisantritt durfte überdies auch bei der Frage nach
der Fahrlässigkeit des Klägers nicht unbeachtet bleiben. Das Be-
rufungsgericht erblickt die Fahrlässigkeit darin, daß der Kläger sich
bei der Mittheilung des Inspektors K. von der auf sein, des K.,
Ersuchen erfolgten Anzeige beruhigt und nähere Ermittelungen über
die Richtigkeit dieser Mittheilung nicht angestellt hat. Zu erwägen
wäre aber auch gewesen, inwieweit der Kläger von solchen Ermitte-
lungen absehen und die Richtigkeit der Miltheilung des K. ohne
Fahrlässigkeit voraussetzen durfte, wenn ihm demnächst der Amtsvor-
steher und der Landrath erklärten, von dem Ausbruche der Seuche
bereits Kenntniß zu haben.
Das Berufungsuriheil war hiernach aufzuheben. Von wesent-
licher Bedeutung für die anderweite Verhandlung und Entscheidung,
wird insbesondere auch die Frage sein, ob die vom Kläger behauptete

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