Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 37 = 5.F. Jg. 2 (1893))

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Einzelne Rechtsfälle.

A.L.R. II. 1 bei schwebendem Ehescheidungsprozeffe die vom Ehe-
manne getrennt lebende Ehefrau Alimente von dem Manne nur
fordern könne, wenn der Richter ihr die Trennung gestattet habe,
was hier nicht geschehen sei. Der § 724 a. a. O., welcher eine
Ausnahme von der Regel des vorhergehenden § 723, daß die Ehe-
leute während des Scheidungsprozesses mit einander vereint leben
sollen, aufstellt, hat den Fall im Auge, wenn der die Scheidung
nachsuchende Theil die Trennung während des Scheidungsprozesses
verlangt, und so setzt auch die Vorschrift des § 725 ebenda voraus,
daß die Frau der klagende Theil im Scheidungsprozesse ist. Die
Richtigkeit dieser Auffassung ergiebt sich aus dem Wortlaut des § 724,
welcher dahin geht:
Wenn die Scheidung aus Gründen gesucht wird, die eine
dem Leben oder der Gesundheit des klagenden Theils drohende
Gefahr enthalten und diese Gründe einigermaßen bescheinigt sind,
so kann der Richter gestatten, daß die Parteien während des Pro-
zesses von einander getrennt leben.
Der § 725 schließt sich aber, indem er besagt:
Rur in diesem Falle kann die Frau verlangen, daß der Mann ihre
Verpflegung auch außer dem Hause besorge,
dem § 724 unmittelbar an, so daß seine Anwendung, entsprechend
der des § 724, auf den Fall beschränkt ist, daß die Frau die
Scheidung nachgesucht hat. Zn demselben Sinne hat sich der
IV. Civilsenat in dem Urtheile vom 4. Januar 1887 in Sachen M.
wider M. VI. 218/86 (vergl. Zur.Wochenschrift Zahrg. 1887 S. 54
Nr. 66) ausgesprochen im Gegensätze zu dem Urtheile vom 23. März
1885 in Sachen W. und Gen. wider W. IV. 398/84 (vergl. Bolze,
Praxis des R.G. Bd. 1 S. 281 Nr. 1258), in welchem den §§ 724,
725 a. a. O. eine weitergehende Auslegung im Sinne der gegen-
wärtigen Revisionsbeschwerde gegeben ist. Zm voliegenden Falle hat
der Ehemann die Scheidungsklage angestellt und es konstirt nicht,
daß die Frau Widerklage erhoben hat, so daß die Anwendung der
fraglichen Gesetzesvorschriften hier ausgeschlossen ist. (Die weiteren
Gründe, welche die Aufhebung des zweiten Urtheils betreffen, inter-
essiren nicht.)

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