74
Internationales Privatrecht.
einigermaßen zweckmäßig erschien, den nöthigen Vorbehalt gemacht,
nicht am wenigsten durch die schneidigen Vorschriften der Artt. 30
und 31 E.G., durch welche der deutsche Gesetzgeber ganz allgemein
Vorsorge getroffen hat, daß von einem Zurückweichen des deutschen
Rechtes vor fremden Gesetzgebungen niemals die Rede sein kann.
Hier liegt das Hauptmißverständniß, dem Niemeyer zum Opfer ge-
fallen ist. Er meint, aus dem Umstande, daß der deutsche Gesetz-
geber auch Vorschriften aufgestellt habe, kraft deren Auslandsrecht
anzuwenden oder ein Ausländer nach deutschem Rechte zu beurtheilen
sei, ergebe sich, daß er die Zuständigkeitserwägung nicht angestellt
habe, während doch aus diesem Vorgehen nur zu schließen ist, daß
der deutsche Gesetzgeber, indem er solche Vorschriften gab, sich kon-
kludent und thatsächlich für zuständig zum Erlasse derselben erklärt
hat. Darüber, ob der Gesetzgeber mit Recht diese Zuständigkeit an-
genommen hat, ist natürlich nicht zu streiten, wenn es sich um Aus-
legung der lex lata handelt. Aber auch äo lege ferenda habe ich
von dem von mir vertretenen Standpunkt aus nach keiner Richtung
hin Einwendungen gegen die von dem deutschen Gesetzgeber ange-
nommene Zuständigkeit weder positiv noch negativ zu erheben, muß
vielmehr bekennen, daß er die Grenze durchaus glücklich gezo-
gen hat.
Ich wähle zur Erläuterung der vorstehenden Ausführung den
Art. 224) Abs. 2, von dem Niemeyer sagt, daß er einen Grundsatz
aufstelle, den man von meinem Standpunkt aus als einen Ueber-
griff in die Kompetenz des internationalen Privatrechts anderer
Staaten bezeichnen müsse.
Aus Art. 22 Abs. 1 ergeben sich folgende Sätze: 5)
1. Der deutsche Gesetzgeber stellt fest, daß er zuständig ist, er-
4) Art. 22 lautet:
Die Legitimation eines unehelichen Kindes sowie die Annahme an
Kindesstatt bestimmt sich, wenn der Vater zur Zeit der Legitimation oder
der Annehmende zur Zeit der Annahme die Reichsangehörigkeit besitzt, nach
den deutschen Gesetzen.
Gehört der Vater oder der Annehmende einem fremden Staate an,
während das Kind die Reichsangehörigkeit besitzt, so ist die Legitimation oder
die Annahme unwirksam, wenn die nach den deutschen Gesetzen erforderliche
Einwilligung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem
familienrechtlichen Verhältnisse steht, nicht erfolgt ist.
5) Der Einfachheit wegen wird hier nur die Annahme an Kindesstatt, nicht
auch die Legitimation berücksichtigt.