Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 46 (1902))

13.3. Rechtsmißbrauch : (Schluß)

806

Rechtsmißbrauch.

32.
NrchtKmWrauch.
Von Herrn Amtsrichter Ramdohr in Posen.
(Schluß).

HI.
Die Anwendung des Chikaneverbots setzt in erster Linie vor-
aus, daß es sich um „die Ausübung eines Rechtes" handelt.
Unter Recht im Sinne des § 226 B.G.B. ist grundsätzlich jedev
subjektive Privatrecht zu verstehen. Sowohl die Stellung, die man
jener Norm im B.G.B. gegeben hat, als auch ihre Formuliruna
beweist, daß das Verbot des Rechtsmißbrauchs keineswegs auf be-
stimmte Gebiete des bürgerlichen Rechtes beschränkt werden darf.
Sollten noch irgend welche Zweifel daran, daß wir ein allgemeines
Ehikaneverbot haben, möglich sein, so müßten sie im Hinblick aus
die oben wiedergegebene Entstehungsgeschichte der Vorschrift fallen.
Die Frage nach der theoretischen Möglichkeit der Anwendung dev
Verbots ist jedoch nicht zu verwechseln mit der anderen Frage, in
wieweit thatsächlich die Vorschrift praktisch anwendbar sein wird
Denn wenn es richtig ist, worauf bereits Windscheid22) aufmerksam
macht, daß äs facto der Geltungsumfang des Verbots an sich schon
ein nicht eben weitgehender ist, so liegt die fernere Behauptung
nahe, daß einzelne Materien des Privatrechts so gut wie gar nicht
von jener Bestimmung beeinflußt werden.
Für die Anwendbarkeit des Verbots einer mißbräuchliche»
Rechtsausübung bleibt es zunächst ohne Einfluß, ob das ausgeübte
Recht absolut oder relativ ist. Unter den ersteren pflegen sich die
dinglichen Gerechtsame, vornehmlich die Jmmobiliarrechte, durch ein
häufigeres Vorkommen chikanösen Handelns auszuzeichnen. Haupt-
sächlich sind es die Eigenthumsrechte an Grundstücken und überhaupt
die nachbarrechtlichen Verhältnisse, welche Anlaß zu Chikaneprozesien
geboten haben. Aber auch bei sonstigen Rechten absoluten Karakters.
wie bei den objektlosen oder sogen. Individualrechten (Urheber,
Erfinder-Rechte, Muster-, Markenschutz rc.) können mißbräuchliche
Ausnutzungen auftreten. Der Streit, ob der Besitz ein Recht oder
ein thatsächliches Verhältniß mit gewissen rechtlichen Wirkungen sei,
hat durch das B.G.B. keine Erledigung gefunden. Wer der zuletzt

»2) Windscheid. Pandekten. Bd. I § 121 S. 389.

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