Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 46 (1902))

Was bedeutet „Sache" im § 119 Abs. 2 B.G.B.? 805
Im Laufe der Rechtsentwickelung Hai sich jedoch eine Erweiterung
angebahnt, die ihren Gipfelpunkt gefunden hat einerseits in dem
Dresdener Entwurf, andererseits in der Rechtsprechung des Reichs-
gerichts, und die den Jrrthum erheblich sein läßt, wenn er Eigen-
schaften des Geschäftsgegenstandes betrifft, gleichgültig, ob dieser in
einer körperlichen Sache besteht oder nicht. Wir können daher das
Ergebniß dieser Ausführungen kurz dahin zusammenfaffen: „Sache"
im Sinne des §1l9 Abs. 2 B.G.B. ist der Geschäfts-
gegenstand xax’ s'oyrjv, ist gleichbedeutend mit „Geschäfts-
gegenstand".
Was unter „Person" — mit welchem Worte wir uns nur
nebenbei befaßt haben — zu verstehen ist, läßt sich hiernach gleich-
falls feststellen. Nicht richtig ist diejenige Auslegung, die wir oben
als möglich andeuteten (§ 1), und die von Manigk vertreten zu sein
scheint (vergl. oben zu Anm. 11 sowie auch Anm. 17), nach der
nämlich das Wort „Person" für den Jrrthum über Eigenschaften
des Geschäftsgegenstandes mit zu verwerthen ist, so daß man z. B.
bei Jrrthum über die Bonität einer Forderung von Jrrthum über
Eigenschaften der Person (des Schuldners) sprechen müßte, statt von
Jrrthum über Eigenschaften der Forderung (als des Geschäfts-
gegenstandes) selbst. Der Begriff „Person" und der an Stelle
von „Sache" zu denkende Begriff „Geschäftsgegenstand" kreuzen
sich nicht, sondern stehen im Gegensätze zu einander. Mit „Person"
ist, wenn wir die neuere Rechtsentwickelung zu Grunde legen,
wohl in erster Linie der (richtige) Empfänger der empfangsbe-
dürftigen Willenserklärung, insbesondere beim Vertrage der andere
Vertragstheil,^) sowie derjenige gemeint, welcher aus der — empfangs-
bedürftigen oder nicht empfangsbedürftigen — Willenserklärung un-
mittelbar ein Recht erwirbt, z. B. der Dritte im Falle des § 328
Abs. 1 B.G.B. oder der Sieger im Preisbewerbe, wenn er etwa
einem Personenkreis angehört, von dem der Auslobende annahm,
daß er für den Wettbewerb nicht in Betracht komme. Man wird
aber unter „Person" gemäß § 119 Abs. 1 B.G.B. überhaupt Jeden
zu verstehen haben, der zum Inhalte der Willenserklärung gehört,
also z. B. auch den Dritten im Falle des § 328 Abs. 2, wenn er
kein unmittelbares Recht erwerben soll.
31) Vergl. hinsichtlich des Jrrthums über die Kreditfähigkeit des anderen
-heiles Neumann, Literatur zum B.G.B. in Gruchot, Beiträge Bd. 45 S. 127.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer