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Knauer, Die höhere Gewalt im Reichsrechte
Knauer, Die höhere Gewalt im Reichsrechte.
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Nie höhere Gewalt im Keichsrechte. Von Dr. jur. Alexander Knauer.
Berlin 1901. Struppe u. Winckler. (M. 1,40.)
Nachdem der Verf. zunächst eine Uebersicht über die verschiedenen
Begriffsbestimmungen der höheren Gewalt gegeben hat, bespricht er
im zweiten Abschnitte die sog. subjektive Theorie, welche für die Frage
nach dem Vorliegen der höheren Gewalt das Verhalten des Haftenden
und alle thatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls in Betracht zieht,
und prüft in eingehender, sorgfältiger Untersuchung die einschlagenden
Vorschriften des Reichsrechts daraufhin, ob ihnen dieser subjektive Be-
griff zu Grunde liegt. Es werden zunächst die Artt. 695, 896, 400,
428—428, 607, 608, 612, 614 des alten H.G.B. und sodann die
88 429 -481, 453, 456—477, 606 des ' neuen H.G.B. erörtert.
Verf. tritt dann an die gleiche Prüfung bezüglich des § 1 des Reich s-
haftpflichtgesetzes, des 8 6 des Ges. über das Postwesen des Deutschen
Reichs vom 28. Oktober 1871, des $ 6 des Ges. über die Natio-
nalität der Kauffahrteischiffe und des 8 49 Abs. 4 der Gewerbeordnung
heran, geht weiter auf 8 211 der alten C.P.O. (8 285 der neuen
C.P.O.), 8 165 der Konk.O., 8 44 der St.P.O. über und wendet
sich schließlich zu den 8§ 701—703, 202 — 204, 206, 207, 1996,
278, 831 des B.G.B. Auf Grund dieser Untersuchung kommt Verf.
zu folgendem Ergebnisse: Bezüglich der alten und neuen C.P.O., der
St.P.O. und der K.O. hat sich gezeigt, daß hier allein der subjektive
Begriff der höheren Gewalt angewandt werden muß. Dagegen hat sich
bezüglich des alten und neuen H.G.B., des Postgesetzes und des B.G.B.
ergeben, daß neben der Haftung „bis höhere Gewalt" eine Reihe positiver,
sei es von der Haftpfficht befreiender, sei es diese festsetzender oder
ihren Umfang bestimmender Regeln aufgestellt sind, deren Wesen und
Zweck sich mit dem subjektiven Begriffe der höheren Gewalt entweder
überhaupt nicht oder nur schlecht vereinigen läßt, so daß anzunehmen
ist, daß diese Gesetze nicht den subjektiven Begriff gebrauchen. Der
dritte Abschnitt enthält eine kurze Abweisung der Gerth'schen Theorie,
welche vis major und casus einander gleichsetzt, mit dem Hinweise da-
rauf, daß die Festsetzung der Haftung bis höhere Gewalt überall un-
nöthig und unverständlich wäre, wenn damit nur die Haftung für
Schuld gemeint wäre. Zm vierten Abschnitte wird die objektive Theorie,
die den Begriff der höheren Gewalt allein aus der Natur der fraglichen
Ereignisse selbst ohne Rücksicht auf den Einzelfall und das Verhalten
des Haftenden gewinnt, besprochen. Verf. sucht das Prinzip der Haftung
bis höhere Gewalt klarzulegen und daraus unter engster Anlehnung an
die Reichsgesetze die richtige Begriffsbestimmung zu gewinnen. Er geht
dabei von der Untersuchung der Fälle aus, die mit dem receptum ver-
wandt sind, da diese das angestammte Gebiet der höheren Gewalt dar-
stellen, von denen aus sich der fertige Begriff auf andere Gebiete über-
trug. (Die Fälle der Artt. 395, 424 H.G.B., 8 456 H.G.B., § 1
R.H.P.G., 8 701 B.G.B., in denen es sich um die Haftung des