Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 46 (1902))

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Schuldhafte Nichterfüllung von Verträgen.

4. Hat der Verkäufer den Sachmangel durch einen von ihm
zu vertretenden Umstand nachträglich herbeigeführt, so kommen die
gewöhnlichen Grundsätze über nachträglich verschuldete theilweise Un-
möglichkeit (§ 325) zur Anwendung,22) und zwar in Konkurrenz mit
den Gewährleistungsansprüchen. Die entgegengesetzte, von Titze
(S. 277 N. 45) und anscheinend auch von Eccius (bei Gruchot 43,
306, 307) vertretene Ansicht, daß auch in diesem Falle lediglich die
gewöhnlichen Regeln der Sachmängelhaftung Platz greifen, führt zu
unhaltbaren Ergebnissen und widerspricht dem Grundgedanken des
Gesetzes. Wäre diese Ansicht richtig, so könnte der Käufer auch
wegen der vom Verkäufer selbst schuldhaft herbeigeführten Mängel
stets nur Wandlung oder Minderung beanspruchen, niemals Schadens-
ersatz geltend machen, da das Gesetz bei Sachmängeln ausdrücklich
nur im Falle arglistigen Verschweigens oder zugesicherter Eigen-
schaften Schadensersatz zubilligt.^) Beim Viehkaufe könnte nach dieser
Ansicht der Verkäufer nicht einmal Wandlung oder Minderung
wegen solcher schuldhaft herbeigeführten Mängel beanspruchen, die
der Wandlungs- und Minderungsanspruch. Diese Lösung wurde für sachgemäß
erklärt und angenommen, entgegen einer Aeußerung, daß einfach die Bestim-
mungen über die Aufrechnung mit einem verjährten Ansprüche zur Anwendung
zu gelangen hätten. Trotz dieser Ablehnung hat der 2. Entwurf (8 414) die
Bestimmung über die beschränkte Aufrechnungsbefugniß und erwähnt die Ein-
rede nicht mehr.
Uebrigens kann nach der jetzigen Fassung des Gesetzes der Käufer mit der
verjährten Schadensersatzforderung nicht nur den noch nicht gezahlten Kaufpreis,
sondern auch andere Forderungen des Verkäufers gegen ihn, auf die 8 390
Satz 2 zutrifft, nur dann aufrechnen, wenn er die Mängelanzeige rechtzeitig ab-
gesandt hat (so auch Staub § 377 Anm. 178). Insofern und nur insofern ist
die Bestimmung des § 479 auch beim Tausche unmittelbar anwendbar. Wie wird,
abgesehen hiervon, die einredeweise Geltendmachung des verjährten Schadens-
ersatzanspruchs beim Tausche wirken, falls rechtzeitig Anzeige erstattet war?
3- B. A hat mangelhaft geliefert, die Anzeige ist erfolgt, aber die Verjährungs-
frist abgelaufen. Nun klagt A auf die noch nicht vollzogene Lieferung des
anderen Theiles. Letzterer wird, der ratio des § 479 entsprechend, seine Leistung
mit der exceptio non rite impleti contractus weigern dürfen, solange A
nicht seinen Schadensersatzanspruch befriedigt. Entsprechendes wird gelten müssen,
wenn beim Kaufe nicht in Geld bestehende Nebenleistungen bedungen sind.
**) So auch Planck § 459 N. 1a, Oertmann § 459 N. 6, §463 N. 1a,
Emerich S. 69 und Kisch S. 194, 195.
2S) Diese unleidliche Konsequenz wird thatsächlich von Titze a. a. O. ge-
zogen. Anders Protokolle I, 689, wo in diesem Falle ein Entschädigungsanspruch
als selbstverständlich vorhanden vorausgesetzt wird.

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