2 Schuldhafte Nichterfüllung von Verträgen.
A. Der Kauf.
I. Die Verpflichtungen des Verkäufers und deren
Nichterfüllung.
Dem Verkäufer liegen bei der praktisch wichtigsten und häufig-
sten Art des Kaufvertrags, beim Verkauf einer körperlichen Sache,
auf den sich die Darstellung beschränken soll, zwei Hauptverbind-
lichkeiten ob, nämlich die Uebergabe des Besitzes und die Verschaf-
fung des Eigenthums (tz 433 Abs. i Satz 1). In letzterer Verpflich-
tung einbegriffen ist die Pflicht zur Verschaffung vollen, uneinge-
schränkten, lastenfreien Eigenthums (tz 434). Außerdem legt das
Gesetz ihm noch die Nebenverbindlichkeit der Auskunstsertheilung
nach Maßgabe des § 444 auf. Der Parteivereinbarung steht die Fest-
setzung beliebiger sonstiger Verpflichtungen frei.
Hinsichtlich aller dieser Verbindlichkeiten gilt das bereits
früher Bd. 45 S. 538 ff. Ausgeführte. Der Verkäufer hat nur
dann vollständig geleistet, wenn er alle ihm kraft Gesetzes oder
Vertrags obliegenden Verpflichtungen voll und ganz erfüllt hat.
Die Nichterfüllung einzelner Verpflichtungen ist prinzipiell einer-
S. 22—24, Kleineidam S. 96 und derselbe in Jherings Iahrb. Bd. 43 L. 118
N. 36). Die ihrer Natur nach vorübergehende objektive oder subjektive Unmög-
lichkeit fällt nicht unter den Begriff der theilweisen Unmöglichkeit. Anders
Mot. II, 56, Planck § 284 N. I und § 286 N. 1, Litze S. 33, Kleineidam S. 94,
95). Sie ist entweder eine vollständige Unmöglichkeit, so bei Fixgeschäften im
engeren Sinne und Daueroerträgen mit festem Anfangstermin, oder sie läßt
den Bestand der Obligation überhaupt unberührt und führt insbesondere, wenn
den Schuldner kein Verschulden trifft, nicht zur Minderung der Leistungs-
pflicht, wie die theilweise Unmöglichkeit gemäß 8 323 Abs. 1 Halbsatz 2 <so mn
Recht Kisch S. 22 HI).
Welche Folgen hat aber die verschuldete vorübergehende Unmöglichkeit?
Im gemeinen Rechte war sie einfach Verzug und hatte alle Folgen desselben
(vergl. Windscheid II § 277, Mommsen, Die Lehre von der Mora S. 65 ff.).
Dies ist anscheinend auch die herrschende Meinung für das B.G.B. (vergl.
insbesondere Kisch S. 21, Cosack I § 98, II, 3a)). Für das B.G.B. sind aber
erhebliche Zweifel vorhanden. Der Kernpunkt und die praktische Bedeutung
der Frage liegt darin, ob trotz der vorübergehenden Unmöglichkeit während
der Dauer derselben auf die Leistung geklagt und verurtheilt und ob dem
Schuldner gemäß § 326 eine peremptorische Frist gesetzt werden kann. Beides
muß verneint werden. Wer nach dem Satze impatibilium rmlla est obligatio
die Verurtheilung auf eine unmögliche Leistung für unzulässig hält (vergl.
Bd. 45 S. 535, 536), kann eine Verurtheilung auch nicht zulaffen, solange die
Leistung unmöglich ist, falls nicht Klage und Verurtheilung auf zukünftige
Leistung gemäß §§ 257, 259 C.P.O. stattfindet. Und was die Rechte des § 326