Eger, Die Eisenbahn-Verkehrsordnung vom 26. Oktober 1899. 179
Einführung des A. D. H.G.B. (1861/1863), also derjenigen Zeit, wo
die Eisenbahnen, wie alle anderen Frachtführer, lediglich den allgemeinen
Normen der einzelnen deutschen Landesgerichte über das Frachtgeschäft
unterworfen, mithin in der Stellung der Frachtbedingungen unbeschränkt
waren. Bei der Unmöglichkeit, mit jedem einzelnen Absender sämmtliche
Bedingungen des Frachtvertrags speziell zu vereinbaren, welche durch
den Umfang des Transportbetriebs der Eisenbahnen entstand, der that-
sächlich zu einem Monopole derselben geführt hatte, verfiel man bald auf
den Gedanken, Eisenbahnbetriebsreglements, d. h. Normativbedingungen,
welche die Eisenbahnverwaltungen als die gleichmäßige Grundlage aller
von ihnen abzuschließenden Frachtverträge hinstellten, zu bilden. Dann
aber machten sich viele Stimmen gegen die Autonomie der Eisenbahnver-
waltungen geltend und verlangten, daß bestimmte Rechte der Mitkontra-
henten gesetzlich geregelt und damit der Willkür der Eisenb.-Verwal-
tungen entzogen würden. Der Vers, theilt die Verhandlungen mit,
welche zu diesem Zwecke bei den Berathungen des Entwurfes eines
D. H.H.B. gepflogen sind. Sie haben zu den Vorschriften des 2. Ab-
schnitts Buch IV Tit. 5 Artt. 422 ff. geführt. Eine zweite Periode (B )
bildet die Zeit von der Einführung des A. D. H.G.B. bis zum Erlasse
des Betriebs-Reglements für die Eisenbahnen Deutschlands vom 11. Mai
1874, dem auch Oesterreich-Ungarn beitrat. Die dritte Periode (0.)
reicht bis zur Einführung der Verkehrsorvnung Deutschlands vom
15. November 1892. Je mehr der internationale Eisenbahnverkehr zu-
nahm, desto fühlbarer wurde die Rechtsunsicherheit, unter welcher die
sämmtlichen Transp ortinteressenten — Absender, Empfänger und Eisen-
bahnverwaltungen — durch die Verschiedenheit der Eisenbahnfrachtrechte
der einzelnen Staaten litten. Dies führte dahin, daß auf Vorschlag der
Schweiz im Wege eines völkerrechtlichen Uebereinkommens ein internationales
Eisenbahnfrachtrecht für die Staaten des europäischen Kontinents einzu-
sühren versucht wurde. So entstand die Verkehrsordnung für die Eisen-
bahnen Deutschlands vom 15. November 1892. Die vierte Periode (v.)
findet ihren Abschluß in der nach Erlaß des neuen D. H.G.B. vom
10. Mai 1897 zu Stande gekommenen Verkehrsordnung vom 26. Ok-
tober 1899. Die durch dieselbe eingetretenen Aenderungen der internen
und internationalen Normen des Eisenbahnfrachtrechts hebt der Vers,
unter Hinweis auf die neuen Vorschriften des H.G.B. eingehend hervor.
Die näheren Ausführungen des Verf. in dieser Beziehung haben
mich zwar sehr interessirt. Ich muß mir die Miltheilung derselben je-
doch des Raummangels wegen versagen und beschränke mich auf zwei
Bemerkungen. Der Verf. sagt (S. XXXVI) mit Recht, daß in Folge
der Vorschriften des neuen H.G.B. der Eisenbahnverkehrsordnung so-
wohl für die Güter-, wie für die Personenbeförderung der Karakter
einer Rechtsverordnung beigelegt ist, was zur Folge hat> daß die
Revision auf unrichtige Auslegung derselben gestützt werden kann. Der
Verf. ist weiter der Ansicht, daß dies bei der Verkehrsordnung vom
Jahre 1892, welche nur Vertragsrecht enchalte, anders liege. Das ist
auch die Ansicht von Staub (§ 453 H.G.B. Anm. 1 S. 1555 der
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