Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 46 (1902))

1138

Einzelne Rechtsfälle.

der Mitgliedschaft an der Kirchengesellschaft, einer öffentlich-rechtlichen
Korporation, beruht, nach preußischem Rechte, das insoweit vom
BGB., gemäß Art. 133 Einf.Ges., unberührt geblieben ist, den
Karakter einer privaten Berechtigung hat, für deren Geltendmachung
nach § 13 Ger.Verf.Ges. auch der ordentliche Rechtsweg offen steht,
ist von dem jetzt erkennenden Senat in dem Urtheile vom 4. De-
zember 1884 — Entsch. des R.G. in Civils. Bd. 12 S. 280 —
dargelegt, und bietet die Sachlage des vorliegenden Rechtsstreits, von
der dort entwickelten Auffassung abzugehen, keine Veranlassung, wie
denn auch nach dieser Richtung hin ein Einwand seitens der Be-
klagten nicht erhoben ist. Hiernach hat das Berufungsgericht, in
Uebereinstimmung mit dem Landgerichte, mit Recht angenommen, daß
der Klägerin als Hinterbliebener Wittwe ein im ordentlichen Rechts-
wege verfolgbarer Anspruch auf Gewährung eines ehrlichen Begräb-
nisses für ihren verstorbenen Ehemann gegen die Beklagte zusteht;
nur ist der Anspruch nicht, wie die Vorderrichter weiter annehmen,
und worauf schon oben hingewiesen ist, bloß ein vermögensrechtlicher,
sondern zugleich, und zwar überwiegend, ein personenrechtlicher. Die
Entscheidung des Rechtsstreits hängt daher allein davon ab, ob die
Einwendungen der Beklagten für begründet zu erachten sind. Dies
ist aber mit dem Berufungsgericht und aus den von ihm gegebenen
Gründen, gegen die ein besonderer Angriff seitens der Revision nicht
erhoben und denen lediglich beizutreten ist, überall zu verneinen.
Es gilt dies insbesondere auch von der am weitesten greifenden Be-
rufung der Beklagten auf ihre — staatlich genehmigte — Begräb-
nißordn. vom 22. September/8. November 1887. Wenn auch
das autonomische Recht der Kirchengemeinden zur statutarischen Re-
gelung des Begräbnißwesens unter staatlicher Genehmigung anzu-
erkennen ist — vergl. das Urth. des jetzt erkennenden Senats vom
28. Januar 1889, Entsch. des R.G. in Civils. Bd. 23 S. 22 —,
so müssen die statutarischen Anordnungen sich doch innerhalb der durch
die Gesetze gezogenen Schranken bewegen und darf daher durch die
statutarische Begräbnißordnung, angesichts des § 188 II. 11, in
Verbindung mit § 46 A.L.R. 1.6, keinem Mitglieds der Kirchen-
gemeinde das ehrliche Begräbniß versagt werden. Der § 188 ist
durch den, mit der aus Art. 12 des Ges. vom 21. Mai 1886 betr.
Abänderungen der kirchenpolitischen Gesetze — G.S. S. 147 — sich
ergebenden Modifikation, auch nach dem Gesetze vom 29. April 1887,
betr. Abänderungen der kirchenpolitischen Gesetze — G.S. S. 127 —

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer