Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 46 (1902))

Rechtsweg (Anspruch auf ehrbares Begräbniß). 1137
beanstandete Zulässigkeit der Revision ergiebt sich daraus, daß der
Anspruch auf ein „ehrliches Begräbniß" im Sinne des § 188
A.L.R. II. I I, und um ein solches handelt es sich bei dem von der
Klägerin für die Leiche ihres Mannes verlangten Begräbniß „inner-
halb der Reihe" —, seinem Grunde nach dem Personenrecht ange-
hört, gerichtet auf Wahrung des Andenkens des Verstorbenen gegen
die mit einem nicht „ehrlichen" Begräbniß ohne Weiteres verbundene
Verunglimpfung. Bei nicht vermögensrechtlichen Ansprüchen ist aber
die Revision unbeschränkt zulässig, und kommt dabei insbesondere
nicht in Betracht, ob damit zugleich ein vermögensrechtlicher An-
spruch, der die Revisionssumme nicht erreicht, gellend gemacht wird.
Was die Sache selbst betrifft, so steht nach § 188, in Ver-
bindung mit §§ 108—110, 183, 453 ff., 761 A.L.R. II. 11 und
§ 72 II. 6 jedem Mitglieds der Kirchengemeinde das Recht auf Ge-
währung eines „ehrlichen" Begräbniffes auf dem zu der Kirche ge-
hörenden Kirchhofe zu. Das von der Klägerin für ihren verstorbenen
Ehemann beanspruchte Begräbniß „innerhalb der Reihe" auf dem
Kirchhofe der Beklagten ist ein solch „ehrliches" Begräbniß, das nicht
auf einer von vornherein bestimmten, sondern erst aus der Reihen-
folge der Todesfälle sich bestimmenden Stelle, unter Ausschließung
aller, das Andenken des Verstorbenen herabsetzenden Ausnahme-
maßregeln, zu gewähren ist. Dem verstorbenen Ehemanne der
Klägerin, der bei seinem Tode Mitglied der beklagten Kirchengemeinde
war, stand daher der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch
auf Gewährung eines Begräbnisses für den Verstorbenen, „inner-
halb der Reihe" auf dem Kirchhofe der Beklagten, unbedenklich zu.
Aus der rechtlichen Natur dieses, mit der Person des Berechtigten
untrennbar verbundenen Rechtes (vergl. § 102 Einl. zum A.L.R.),
dessen Endzweck und Verwirklichung den Tod des Berechtigten voraus-
setzen, ergiebt sich zugleich die Befugniß zur Ausübung des Rechtes
für diejenigen, denen die Sorge für die Beerdigung des Verstorbenen
obliegt. Rach § 434 A.L.R. II. 1 muß, falls die Ehe durch den
Tod getrennt wird, der überlebende Ehegatte den verstorbenen an-
ständig begraben lassen, und steht somit auch der Klägerin das Recht
zu, das ihrem verstorbenen Ehemanne gegen die Beklagte erwachsene
Vegräbnißrecht behufs seiner Beerdigung auf deren Kirchhofe geltend
zu machen. Daß ein solches Vegräbnißrecht, ungeachtet der über-
wiegend öffentlich-rechtlichen Natur des Begräbnißwesens, und ob-
wohl es nicht auf einem besonderen Erwerbstitel, sondern allein auf
Beiträge, 46. Zahrg. 72

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