Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 22 = 3.F. Jg. 2 (1878))

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Kritische Bemerkungen

relativ Berechtigten.68) Es erscheint ungehörig, die Vorschriften der
römischen Juristen über das materielle Recht als Beweisregeln auf-
zufassen, denn dann würde es, wie gesagt, an Bestimmungen über
das erstere ganz fehlen. Wo es aber den Römern darauf ankam,
die Beweislast zu vertheilen, erscheint die Behauptung eigenen oder
fremden Rechtes als exesptio. Die herrschende Theorie, welche die
publizianische Klage als eine zur Beweiserleichterung eingeführte
auffaßt, schwimmt im Fahrwasser des kanonischen Rechts und den:
von IHering, welcher letztere freilich Alles, Besitz, vorläufiges und
definitives aber relatives Recht aus ihr rechtfertigen will.
Besitz, vorläufiges, definitives aber relatives und vermuthetes
Recht dürfen aber nicht verwechselt werden. Allerdings ist richtig,
daß mit dem Besitze sich das vorläufige, definitive aber relative und
das vermuthete Recht verbindet, aber in ihrer ferneren Entwicklung
treten sie auseinander. Das vermuthete Recht folgt den Exzeptionen,
Repliken und Dupliken des Prozesses, deren Zahl eine ungeinefsene
ist. Wollte man mit ihm anch das vorläufige Recht verbinden, so
müßte man den Prozeß in eine ungemessene Zahl einzelner Prozesse
zerpflücken. Auch das relative Recht zurückzufordern ist mit dein
vermutheten Rechte nicht identisch. Die Tausende möglicher Exzep-
tionen, Repliken, Dupliken finden gerade zwischen denselben Parteien
m) Aus unserer Auffassung läßt sich auch die I. 57 I). maud. 17. 1 erklären,
ohne daß es einer künstlichen Aenderung des Textes bedarf. Jemand giebt den
Auftrag, seine Sklaven zu verkaufen. Durch den Tod des Mandatars wird das
Mandat aufgehoben. Die Erben desselben verkaufen und tradiren aber dennoch,
indem sie sich hierüber irren, die Sklaven sowohl an andere Käufer, als auch an
einen Sklavenhändler. Der Sklavenhändler reist in die Provinz und will nach
seiner Rückkehr den Besitz der ihm zwar schon übergebenen, aber von dem Eigen-
thümer wieder zurückgenommenen Sklaven fordern. Die Entscheidung fällt nun
dahin aus: Die Käufer haben für den Fall der vollendeten Usukapion allerdings
die Vindikation, der aus der Provinz zurückgekehrte Sklavenhändler kann aber
vor Vollendung der Usukapion die an sich begründete Publiziana doch nicht an-
stellen, weil ihm der Einwand des gerechtfertigten Eigenthums entgegensteht, und
derjenige, welcher im Vertrauen auf einen bestimmten Menschen diesem ein Man-
dat anvertraute, wegen des Jrrthums oder der Unerfahrenheit seiner Erben keinen
Schaden leiden soll. (Ganz abweichend Savigny System VII. S. 299.)
Die 1. 7 s 2 D. de publ. giebt demjenigen, welcher von einem Wahnsinnigen
gutgläubig gekauft hat, die publiciana, die Rückforderungsklage gegen die Unbe-
rechtigten, klagt er aber gegen den Wahnsinnigen selbst, so steht ihm die exceptio
ävivinü entgegen, und deshalb wird ihm das Rückforderungsrecht in 1. 2 s 16
pro emtors abgesprochen.

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