Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 49 (1905))

Formlose Aufhebung eines Grundstückskaufs.

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daß sie sich bei der Nichteintragung ihres Eigentums beruhigt und
von dem nachträglich eingezahlten Gerichtskostenvorschusse den nicht
absorbierten Restbetrag sich habe zurückzahlen lasten. Im Anschluß
an diese Feststellungen führt sodann der Berufungsrichter aus: Mit
der vertragsmäßigen Außerkraftsetzung des Vertrags vom 13. Sep-
tember 1901 entfalle für den Beklagten die Möglichkeit, eine Tilgung
seiner Kaufpreisschuld in Höhe von 19000 M. aus dem Vertrage
vom 2./4. September 1901 durch Bezugnahme auf den Vertrag
vom 13. September 1901 herzuleiten. Vielmehr könne die Klägerin
gemäß § 119 BGB. nach Wegfall dieses letzteren Vertrags nunmehr
die in dem ersteren Vertrag enthaltene Aufrechnungserklärung und
Quittungsleistung ihrer Zedentin „kondizieren" und das habe zur
Folge, daß Beklagter zur Zahlung seiner Restschuld in Höhe der
Klagesumme verpflichtet sei.
Die Ausführungen des Berusungsrichters sind in mehrfacher
Hinsicht rechtsirrtümlich. Allerdings kann die Wiederaufhebung
eines Grundstückskaufvertrags, da § 313 BGB. hierauf keine An-
wendung findet, formlos erfolgen und es genügen daher auch still-
schweigende Willenserklärungen der Vertragsparteien. Letztere sind
indessen, insofern sie sich aus Vertragsangebot und Vertragsannahme
zusammensetzen, empfangsbedürftige Willenserklärungen. Es
müssen also diejenigen Handlungen, in denen der stillschweigende
Willensausdruck gefunden wird, der anderen Vertragspartei gegen-
über vorgenommen sein. Die Erfüllung dieser Bedingung lassen die-
jenigen Vorgänge, welche der Berufungsrichter als Grundlage für seine
Feststellung der Vertragsaufhebung heranzieht, vermissen. Denn die
Nichtanfechtung des die Eigentumseintragung ablehnenden Gerichts-
beschlusses und die Rückforderung des nicht verbrauchten Kostenvor-
schusses sind keine dem Beklagten gegenüber vorgenommenen Hand-
lungen der Frau E. und ebensowenig kann andererseits die Weiter-
veräußerung der Grundstücke an einen Dritten und die Bekämpfung
der von einem Gläubiger der Frau E. ausgehenden Mietzinspfändung
als ein an die Adresse der Frau E. gerichtetes Handeln des Be-
klagten aufgefaßt werden. Auch die weitere Annahme des Berufungs-
richters, daß aus dem Wegfalle der Aufrechnung und Quittungs-
leistung ohne weiteres die Barzahlungspflicht des Beklagten folge,
wird durch die dafür gegebene Begründung nicht gerechtfertigt. Der
§119 BGB., den der Berufungsrichter heranzieht, paßt auf den
vorliegenden Fall überhaupt nicht. Ein Irrtum ist nur in bezug

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