Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 49 (1905))

Literatur.

es werde hierdurch der gutgläubige, d. h. auf seine Gegenleistung ver-
trauende Hinterleger nicht selten in eine seinen Interessen widersprechende
Lage versetzt, wenn er den Folgen eines doppelten, Annahme- wie Er-
süllungsverzugs entgehen wolle (71). Es muß hierbei jedoch betont
werden, daß nach dem Gesetze dieser Satz nur gilt, wenn eine Zeit für
die Aufbewahrung nicht bestimmt ist, daß in der Praxis diese Zeit-
bestimmung aber stets wird getroffen werden. Auch bei der Leihe wäre
es nach des Vers. Ansicht besser gewesen, wenn das BGB. nach dem
Vorbilde des Schweizer Rechtes dem Verleiher ein sofortiges Kündigungs-
recht nur beim Vorliegen eines „dringenden" Grundes gegeben hätte
(75). Bei dem Prekarium bedauert El., obwohl er in ihm m. E.
zu Recht — kein von dem Kommodat begrifflich zu scheidendes In-
stitut erblickt, dennoch, daß das sonst so minutiöse BGB. ihm im Interesse
einer systematisch klaren Übersichtlichkeit nicht wenigstens einen besonderen
Paragraphen gewidmet hat, anstatt ihm im dritten Absätze des § *)04
eine unscheinbare Existenz zu gewähren (78).
Begreiflicherweise nehmen den größten Raum die Ausführungen
über die Mahnung, und zwar über Begriff und Form, £it
und Zeit derselben ein. Richtig erblickt Vers, den Zweck der Mahnung
in der kategorischen Feststellung des für den etwaigen Verzug begrifflich
stets erforderlichen Ieitmoments (81). Nicht beistimmen möchte ich
EI. aber darin, daß die Interpellation nicht notwendig als eine Auf-
forderung zur sofortigen Erfüllung zu definieren sei. Wer mahnt,
will nicht erst in ungewisser Zukunft, sondern sofort Erfüllung.
Jedenfalls erscheinen mir seine Gründe, die er gegen das Er-
fordernis einer sofortigen Erfüllung ins Feld führt, nicht überzeugend.
Er bezeichnet es als ein aus der gemeinrechtlichen Literatur mitge-
schlepptes, nie bewiesenes, weder aus den römischen Duellen, noch aus
dem $ 284 BGB. zu entnehmendes Requisit <120, vgl. auch 84). Daß
die Mahnung als „Rechtsgeschäft" zu betrachten sei, ergibt sich m. E.
schon daraus, daß der Gläubiger mit ihr als primär gewollten Rechts-
erfolg die Erfüllung der Obligation bezweckt. Die Literaturangaben zu
dieser oft erörterten Frage sind etwas dürftig. Vers, wendet sich be-
sonders gegen Manigk, der in der Mahnung eine sog. Vorstellungs-
Mitteilung erblickt. Als Gegner der Rechtsgeschäftsnatur wäre jetzt noch
Eltzbacher zu nennen, der sie in seiner „Handlungsfähigkeit" 1, 192 als
eine unmaßgebliche (?) Willensäußerung bezeichnet. — Es folgen dann
Erörterungen darüber, in welchem Zeitpunkte die Wirkung der Mahnung
einlritt (90 ff.). Vers, möchte sie nicht als empfangsbedürftige, sondern
lieber als „vernehmungsfähige" Willenserklärung bezeichnen (93). Es
kann jedoch El. im weiteren nicht Schritt für Schritt gefolgt werden,
sondern nur noch auf einige wegen ihrer Selbständigkeit besonders
interessante Ausführungen sei das Interesse der Leser hingelenkt. Die
durch das BGB. getroffene Beschränkung der Mahnungszeit auf die
Fälligkeit ist nach El. teils überflüssig, teils unbillig, auch im Momente
der Obligationsbegründung kann nach ihm eine gleichzeitige Mahnung
vollwirksam abgegeben werden (105 ff.).

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