Die Bedingung des reinen Wollens des Verpflichteten rc. 491
schon anderweitig gebunden hat, nur unter der Bedingung darum
bewerben, daß es ihm gelingen sollte, von dieser anderen kontrakt-
lichen Verpflichtung befreit zu werden. Nun will oder kann er aber
— z. B., weil er dem anderen Kontrahenten Diskretion zugesichert
hat, — dieses ungewisse zukünftige Ereignis nicht als Bedingung
setzen. Darum verschweigt er es weise und behält sich in dem En-
gagementsvertrage lediglich eine Bedenkzeit bis zum 1. August vor.
Schließlich interessiert ja den Theaterdirektor der Grund dieses
Vorbehalts nicht. Aber weit gefehlt. Am 15. Juli engagiert der
Direktor an Stelle unseres Künstlers einen anderen, und jener, dem
inzwischen die Lösung des anderen Vertragsverhältnisses glückte, hat
das Nachsehen. Seine durch das spätere Wollen bedingte Ver-
pflichtung war ja nach dem Dogma unwirksam, mithin nach § 139
BGB. der ganze Engagementsvertrag hinfällig.
5. Solche Ergebnisse widersprechen nicht nur der Verkehrsan-
schauung, sondern auch der Absicht des Gesetzgebers. Die zweite
Kommission hat, als sie den § 79 des ersten Enwurfes eines BGB.
fallen ließ, damit gerechnet, es werde sich aus der den Kauf auf
Probe regelnden Vorschrift des § 471 „das ihr zugrunde liegende
höhere Prinzip auch für andere gleichgeartete Fälle entnehmen
lassen^')." Dieses höhere Prinzip bestand nach § 471 Abs. 2 Entw. I
in der rechtlichen Möglichkeit, daß bei gegenseitigen Verträgen der
eine Teil überhaupt nicht, der andere unter der aufschiebenden Be-
dingung der Genehmigung des ersten gebunden ist. Man hat aber
später auch den § 471 Abs. 2 Entw. I, soweit er dieses Prinzip
aussprach, fallen lassen^) und damit die Norm, nach der jene dem
Kaufe auf Probe analogen Fälle beurteilt werden sollten, beseitigt.
Nachdem aber das BGB. auch den das Dogma sanktionierenden
§ 138 Entw. I abgelehnt hat, werden wir jetzt aus der Vorschrift
des § 495 BGB. (betreffend den Kauf auf Probe) „das ihr zu-
grunde liegende höhere Prinzip auch für andere gleichgeartete Fälle
entnehmen" können. Es ist das Prinzip, daß die Bedingung des
bloßen Wollens des Verpflichteten rechtlich nicht anders zu be-
handeln ist wie jede andere Bedingung.
6. Auch in anderen Rechtsgebilden des BGB. 58) offenbart sich
die Wirksamkeit des „volo si voluerim".
s°) Prot. 1, 75. 5T) Prot. 2, 78.
5a) Wie diese schon dem römischen Rechte bekannten Rechtsgebilde dort
zu erklären sind, kann hier nicht näher untersucht werden.