Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 34 = 4.F. Jg. 4 (1890))

Der Entwurf e. b. Gesetzbuchs für das deutsche Reich und die Kritik. 51

dieselben Wörter und Wortverbindungen immer in dem gleichen Sinne
und für denselben Begriff stets die gleichen Wörter und Wortver-
bindungen gebraucht worden seien. Ferner hat derselbe hervorgehoben,
daß die Kommission regelmäßig Wörtern deutscher Herkunft vor
Fremdwörtern den Vorzug gegeben und wenigstens insofern nach
Kürze gestrebt habe, als nach Möglichkeit die Aufstellung bloß be-
lehrender Sätze und ebenso jede eigentliche Kasuistik vermieden worden
sei. Das Bestreben der Kommission, welche im Uebrigen weniger
auf Knappheit als auf Genauigkeit des Ausdruckes gesehen habe,
hat Gierte im Allgemeinen durch die Bemerkung gekennzeichnet, die-
selbe habe versucht, die Rechtssätze so zu formuliren, daß sie alles
Unbestiinmte und Dehnbare verlieren und keinerlei Zweifeln mehr
Raum lassen, insbesondere schon dem Wortlaut nach jeden denkbaren
Fall, den sie mit umspannen sollen, einschließen und jeden anderen
Fall allsschließen. Dieses von anderen Schriftstellern für durchaus
richtig erklärte Bestreben wird von Gierte, der im Tone des Vorwurfs
bemerkt, der Kommission scheine als unerreichbares Ideal die Er-
hebung des Rechtssatzes auf die Stnfe der mathematischen Formel
vorgeschwebt 511 haben, allerdings lebhaft beküinpft. Derselbe ist der
Ansicht, daß trotz der verschiedenen von der Kommission erreichten
Vorzüge ja zum Theil gerade wegen derselben die Sprache des Ent-
wurss nicht diejenige Sprache sei, welche einem deutschen bürgerlichen
Gesetzbuch zieme, und daß noch niemals ein großes Gesetzbuch so
gänzlich den Ton der Volksgesetzgebung verfehlt habe. Auch giebt
er hierfür eine sehr eingehende Begründung, auf welche später zurück-
zlikonlinen ist. In den Arbeiten, welche sich hauptsächlich mit der
Beurtheitllng einzelner Theile des Entwurfs beschäftigen, wird der
Sprache deiselben gleichfalls in einzelnen Richtungen Anerkennung
gezollt, insbesondere deren „Klarheit und Präzision" gelobt.^) Ins-
besondere hat die Leipziger Zuristenfakultät im Vorwort zu
der Festgabe für Windscheid zum 22. Dezenlber 1888 bemerkt, wenn
künftig die Germania mit dem vollendeten bürgerlichen Gesetzbuch in
der Hand Hinweisen werde auf die scharfe Fassung der Gedanken
und auf den Reichthum der deutschen Rechtssprache, so werde
man sich auch erinnern, daß Windscheid's Lehrbuch einen großen Theil
der Ouadern zu dein Unterbau geliefert habe. Eine vorwiegend un-
") Vgl. z. B. Holder im Arch. für civ. Pr. Bd. 73 S. 6; Klöppel in dieser
Zeitschrift Bd. 32 S. 311; Opitz. Gutachten S. 12 und die Gutachten aus dem
Anwaltstande an vielen Orten, insbes. S. 94 und 294.

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