Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 51 (1907))

Testamentsvollstrecker eines vor 1900 Gestorbenen.

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storbenen Johann H., dessen Testamentsvollstrecker ein anderer Mit-
erbe, eben der Kläger, ist. Heinrich H. warf dem Kläger vor, daß
dieser die in Rede stehenden Nachlaßgrundstücke als Testamentsvoll-
strecker schuldhafterweise viel zu billig verkauft und dadurch die Erben
geschädigt habe, und den ihm angeblich deswegen zustehenden
Schadensersatzanspruch trat er dem Beklagten ab.
Wenn nun der Revisionskläger die vom Oberlandesgericht aus-
gesprochene Verneinung jedes solchen Anspruchs deswegen angreift,
weil der Kläger als Testamentsvollstrecker für jede ihm zur Last
fallende Fahrlässigkeit verantwortlich sei, und weil das Berufungs-
gericht mehrere von ihm, dem Beklagten, unter Beweis gestellte in
dieser Hinsicht erhebliche Tatsachen für unbeachtlich erklärt habe, so
ist von ihm unberücksichtigt gelassen, daß das Oberlandesgericht
davon ausgeht, nach den besonderen Bestimmungen dieses Testa-
ments habe dieser Testamentsvollstrecker im allgemeinen nicht für
Fahrlässigkeiten in seiner Verwaltung des fraglichen Grundbesitzes
zu haften, sondern von arglistigem Verhalten abgesehen, höchstens
soweit er etwa unter Außerachtlassung jeder Sorgfalt sein Ermessen
offenbar und jedermann erkennbar in einer den Erben zum Nach-
teile gereichenden Weise ausgeübt hätte. Daß von letzterem nichts
vorliegen würde, selbst wenn alle vom Beklagten aufgestellten Be-
hauptungen wahr sein sollten, ist vom Berufungsgericht in be-
denkenfreier Weise angenommen worden. Es kommt also nur
darauf an, ob die vom Berufungsgerichts aus dem Testamente ge-
zogenen Folgerungen rechtlich zutreffen. In dieser Hinsicht ist nun
zuvörderst seine Auslegung des Testaments ganz unbedenklich.
Wenn der Testator wiederholt hervorhebt, daß ausschließlich des
Klägers Ermessen in Ansehung des Verkaufs der Grundstücke walten
solle, daß der Kläger frei und nach eigener Überzeugung solle handeln
können, daß derselbe in dieser Beziehung ganz die eigene Person
des Testators fortsetzen solle, so konnte dies sehr wohl dahin ver-
standen werden, ja konnte sogar kaum anders als dahin ver-
standen werden, als daß es nicht darauf ankommen solle, ob das
Ermessen des Klägers ein richtiges, oder ein verkehrtes sein werde,
und daß ihm auch im letzteren Falle die übrigen Erben keinen Vor-
wurf sollten machen können. Was sodann aber die Gültigkeit dieser
Verfügung anlangt, so hat sich gegen dieselbe der Beklagte in der
Berufungsinstanz auf den § 2220 BGB- berufen, wonach der Erb-
lasser den Testamentsvollstrecker unter anderem nicht von der diesem

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