Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 16 = N.F. Jg. 1 (1872))

931

Mittelpunkt für die wichtigsten Geschäfte der Verwaltung unentbehrlich ist, in
einen organischen Zusammenhang mit den Aemtern der Selbstverwaltung zu
bringen." Die zweite Abtheilung dieses Capitels (S. 306) beginnt mit der
geschichtlichen Entwickelung des Staatsdienstes und beleuchtet sodann die
juristische Natur des heutigen Staatsdienstes, die Begründung und Beendigung
des Staatsdiener-Verhältnisses und die Rechtsverhältnisse der Staatsdiener
während des Staatsdienstes. Als Hauptaufgabe eines verfasiungsmäßigen
deutschen Staatsdiener-Rechts der Zukunst wird es bezeichnet, mittelst einer
geordneten Rechtsprechung aus dem Gebiete des öffentlichen Rechts einerseits
den amtlichen Gehorsam der Beamten innerhalb der verfasiungsmäßigen
Grenzen vollständig zu sichern, andererseits aber auch den pflichttreuen Beamten
gegen die Nachtheile zu schützen, welche sein Beharren auf dem gesetzlichen
Boden ungesetzlichen Befehlen gegenüber für ihn haben kann.
Das dritte Capitel „Von den Staatsbürgern" (S. 351) beschäftigt sich
zunächst mit dem Jndigenate, der Reichs- und Landesangehörigkeit, mit den
Grundpflichten der Staatsbürger, als welche verfassungsmäßiger Gehorsam,
Wehrpflicht und Steuerpflicht bezeichnet werden, und mit den Grundrechten
der Staatsbürger: äußere Freiheit und Sicherheit der Person, Recht der
freien Meinungsäußerung, religiöse Bekenntnißsreiheit, Vereins- und Ver-
sammlungs-Recht, Sicherheit und Freiheit des Vermögens. Einen genügenden
Schutz der persönlichen Freiheit erblickt der Verfasier (S. 385) nur in der
unbedingt zuzulassenden Privatklage des Verletzten gegen die Behörden und
ihre Erekutiv-Beamten, wie gegen Privatpersonen auf Schadensersatz wegen
widerrechtlicher Freiheitsentziehung und in der Beurtheilung dieses Schadens-
ersatzes durch Geschworene, welche nach dem Vorbilde Englands den Schaden
arbiträr schätzen dürfen. Der in der vorläufigen administrativen Beschlag-
nahme eines Preßerzeugnisies indirect enthaltenen Gefährdung der Preßfreiheit
und der Vermögensrechte des preßgewerblichen Unternehmers will er gleich-
falls (S. 397) durch Gestattung einer Privatanklage begegnen, um eine
Erörterung und Entscheidung des Entschädigungs-Anspruchs im gerichtlichen
Strafverfahren, unter Ausschluß jeder Competenzconflicts-Erhebung, herbeizu-
führen. Besonders anziehend sind die Ausführungen über das Associations-
wesen in Deutschland (S. 407). Hier werden 3 Perioden unterschieden:
„Der unfertige Staat des Mittelalters überläßt die Association sich selbst;
der Polizeistaat des 17. und 18. Jahrhunderts bevormundet oder unterdrückt
sie; der konstitutionelle Rechtsstaat der Gegenwart sucht sie gesetzlich zu
reguliren und so organisch seinem eigenen Leben einzufügen." Der Verfasier
geht sodann auf die „besondern Klassen der Staatsbürger" (S. 420) über;
nach einer kurzen Schilderung der Entwickelung des Ständewesens in Deutsch-
land werden die Begriffe „Stand" und „Staatsbürgerthum," so wie die
Rechtsverhältnisse der nicht regierenden Mitglieder des königlichen Hauses nebst
der fürstlichen Familie Hohenzollern erörtert und die jetzige Rechtsstellung der
s. g. Mediatisirten oder Deutschen Standesherren (S. 443) eingehend besprochen.
Wir können diese Anzeige nur mit dem Wunsche schließen, das in der
Preußischen Rechtsliteratur Epoche machende, wahrhaft klassische Werk recht
bald vollendet zu sehen.
Hopf.

59*

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer